Chaos bei British Airways

Internationaler Flugverkehr Stromausfall legt nahezu gesamte Logistik dergrößten britischen Fluglinie lahm. Passagiere müssen auf Flughäfen übernachten

Fly Me to the Moon … Foto: Stefan Wermuth/reuters

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Hacker waren wohl nicht schuld am Chaos bei British Aiways. Die größte britische Fluglinie musste am Samstag sämtliche Flüge von den beiden Londoner Flughäfen Heathrow und Gatwick stornieren, weil offenbar ein Stromausfall das gesamte IT-System lahmgelegt hatte. Insgesamt waren mehr als tausend Flüge betroffen, nicht nur in London, sondern auch in Belfast, Rom, Malaga und Paris. In Deutschland gab es wegen des Computerausfalls in Frankfurt, Düsseldorf und Hannover Verspätungen und Flugausfälle.

Auch am Sonntag war man von einem normalen Flugbetrieb weit entfernt. Die meisten Maschinen standen wegen des Ausfalls nicht dort, wo sie eingesetzt werden sollten, sodass abermals Dutzende Flüge gestrichen werden mussten. Die Flughafenverwaltungen baten Reisende händeringend, sich im Internet über ihren Flug zu informieren, bevor sie sich auf den Weg zum Flughafen machten.

John Strickland, ein Experte der Flugindustrie, erwartet, dass es bis zur Normalisierung noch Tage dauern werde. „Es gibt massive Folgeprobleme“, sagt er. „Es ist eine große Herausforderung und ein choreografischer Albtraum.“

Bereits am Freitag war es in Gatwick wegen eines Fehlers bei der automatischen Gepäckverladung zu massiven Verspätungen gekommen. Weil die Fließbänder ausgefallen waren, mussten die Reisenden schließlich ohne ihre Koffer fliegen.

Der Zeitpunkt für die Störfälle hätte ungünstiger kaum sein können. Viele Menschen waren auf dem Weg in einen Kurzurlaub, denn dieser Montag ist ein Feiertag in Großbritannien. Viele beschwerten sich, dass sie auf den Anzeigetafeln aufgefordert wurden, sich zum Flugsteig zu bewegen, obwohl British Airways längst eine Presseerklärung über die Streichung der Flüge herausgegeben hatte.

Erst Stunden später bequemte sich die Fluggesellschaft dazu, auch den Passagieren Bescheid zu sagen. Die mussten dann drei Stunden auf ihr Gepäck warten. Umbuchungen waren wegen des Computerausfalls nicht möglich. Da die Hotels in der Umgebung ausgebucht waren, mussten viele in den Flughäfen übernachten.

Der Schadenersatz ist kaum ein Trost. Bei Kurzstrecken erhalten Passagiere 250 Euro, wenn ihr Flug mehr als drei Stunden verspätet ist. Bei Mittelstrecken sind es 400 Euro, bei Langstrecken 300 bis 600 Euro.

Der Zeitpunkt fürdie Störfälle hätte ungünstiger kaum sein können

Schon im Juli und September vorigen Jahres hatte es wegen Ausfällen beim Online-Check-in-System bei British Airways erhebliche Verspätungen gegeben. Der Gewerkschaftssprecher Mick Rix sagte, die Probleme seien entstanden, weil BA Hunderte Mitarbeiter entlassen und IT-Jobs nach Indien verlegt habe.

Um im Wettbewerb mit den Billigfluglinien bestehen zu können, hat British Airways den Service stark eingeschränkt. So gibt es auf Flügen bis zu fünf Stunden keine kostenlosen Mahlzeiten mehr, für die Gepäckaufgabe müssen die Passagiere bezahlen. So mancher fragt sich, warum man überhaupt noch mit British Airways fliegen soll, wenn Linien wie Ryan­air immer noch billiger sind und keinen schlechteren Service bieten – im Gegenteil: Die hämischen Berichte häufen sich.

Auf einem Flug von London nach Innsbruck wurden die Passagiere unfreiwillig auf Diät gesetzt, weil man lediglich drei Sandwiches für 110 Reisende geladen hatte. Und im Januar konnte ein Flugzeug nach Barbados erst mit sechsstündiger Verspätung abheben, weil kein Toilettenpapier an Bord war.