die taz vor 7 Jahren findet, dass der kosovo-beschluss des uno-sicherheitsrats Interpretationen zulässt
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Die Diskussion, ob eine Intervention der Nato im Kosovo am Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen vorbei gerechtfertigt werden kann oder nicht, hat vorläufig an Schärfe verloren. Denn mit der gestern in New York diskutierten Resolution werden mehrere Handlungsoptionen möglich. Wenn die serbische Seite sich weiter weigert, ihre Militäraktionen mit dem Ziel der Vertreibung der kosovo-albanischen Bevölkerung zu stoppen und damit die „Stabilität der Region gefährdet“, dann könnte die Nato militärisch eingreifen. Das ist die von den USA und den Nato-Ländern Europas favorisierte Interpretation.

Die Frage ist nun, wie es mit der westlichen Bereitschaft steht, im Kosovo nach Ausschöpfung aller diplomatischen und politischen Mittel glaubhaft auch mit militärischen Mitteln zu drohen. Die Vorbereitungen für unterschiedliche militärische Optionen sind getroffen. Sie reichen von der Bombardierung serbischer Stellungen bis hin zu dem Einsatz von Bodentruppen. Es muß sich jetzt aber zeigen, ob die leidige Affäre um den US-Präsidenten Clinton die politischen Handlungsspielräume der USA eingrenzen. Zeigen muß sich auch, ob das Europa der EU außenpolitische Handlungsfähigkeit beweisen kann.

Die humanitäre Katastrophe im Kosovo ist bereits eingetreten. Die Ernten sind vernichtet, die Vertriebenen Hunger und Krankheiten ausgesetzt. Die internationalen Hilfsorganisationen werden behindert. Die Diskussion über den künftigen Status des Kosovo darf die Handlungsbereitschaft nicht mehr mindern. Ob nun der Kosovo ein Autonomiestatut erhalten soll, zu einer Republik in einem neugestalteten Jugoslawien wird oder sogar seine Unabhängigkeit erreicht – dies kann nur in einem Verhandlungsprozeß gleichberechtigter Partner unter internationaler Vermittlung geklärt werden. Jetzt gilt es vor allem, die elementaren Menschenrechte durchzusetzen. Und das notfalls mit militärischen Mitteln.

taz, 24.9.1998, Erich Rathfelder