Neues Gesetz bedroht Berliner Bordelle

BERUF Sexarbeiter*innen protestieren am heutigem Hurentag gegen Neuregelungen

Zum 1. Juli tritt das neue Pro­stitutionsschutzgesetz in Kraft. Vor allem Berliner Bordellen und den Sexarbeiter*innen gehe es damit an den Kragen, so Kritiker*innen.

Etwa 80 Prozent der Einrichtungen in der Stadt seien Wohnungsbordelle, die nun unter neue Regelungen fallen, so Simone Wiegratz vom Verein Hydra, einer Beratungsstelle für Sex­arbeiter*innen. Mit dem neuen Gesetz würden sie baurechtlichen Vorschriften unterworfen. „Die werden die meisten nicht erfüllen können“, glaubt Emy Fem, feministische Sexarbeiterin und Aktivistin. Häufig mieteten Sexarbeiter*innen gemeinsam Wohnungen. „Gerade in diesen selbstverwalteten Arbeitswohnungen sind sie am unabhängigsten. Das sollte ein Gesetz fördern. Stattdessen drängt es uns in Großbordelle oder die Illegalität.“

Das von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) auf den Weg gebrachte Gesetz soll das Prostitutionsgewerbe regulieren und Sexarbeiter*innen schützen. Es schreibt neben Bordellregeln obligatorische Gesundheitsberatungen und eine Anmeldepflicht vor. Bisher habe die Meldung der selbstständigen Tätigkeit beim Finanzamt genügt, erklärt Wiegartz von Hydra.

Sexarbeiter*innen sollen zudem künftig einen Prostituiertenausweis tragen. Das steigere die Stigmatisierung, glaubt Wiegratz. Erfahrungen aus anderen Ländern hätten gezeigt, dass das angestrebte Ziel, Opfer von Menschenhandel zu schützen, dadurch nicht erreicht werde.

Die Registrierung macht auch Emy Fem Sorge: „Es gibt viele, bei denen Familie und Freunde nichts von der Arbeit wissen. Da ist es absolut notwendig, anonym zu bleiben.“ Der Ausweis erhöhe das Risiko eines ungewollten Outings. Viele würden in die Illegalität gedrängt, ist sich Wiegartz sicher. „Diese Personengruppe wird dann auch für uns als Beratungseinrichtung unerreichbar.“

Anlässlich des heutigen Internationalen Hurentags veröffentlichen Hydra, das Interna­tionale Komitee zu Rechten europäischer Sexarbeiter*innen (CRSE) und der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) ein Positionspapier gegen das Prostitutionsschutzgesetz. Die Vereine laden ab 17 Uhr in die Glogauer Straße 19 zu einem Panel mit Akti­vis­t_In­nen ein. Anschließend gibt’s eine Party.

Anne Pollmann