heute in Bremen
: „Ein doppeltes Nein“

Frauen Jutta Allmendinger spricht über ungleiche Einkommen und den Heiratsmarkt als Risiko

Jutta Allmendinger

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60, ist Soziologin, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professorin für Arbeitsmarktforschung an der HU in Berlin.

taz: Frau Allmendinger, was verdienen Frauen?

JuttaAllmendinger: Deutlich weniger als Männer: Die Differenz ist bereits sichtbar beim Stundenlohn und noch ausgeprägter beim Monatsgehalt – rechnet man dann das Lebenseinkommen zusammen, ergibt sich ein großer Unterschied. Zudem werden die Leistungen von Frauen beispielsweise bei der Erziehung von Kindern, in der Pflege von Älteren und tagtäglich im Haushalt nur selten honoriert.

Eine Ihrer Thesen ist, der Heiratsmarkt sei für Frauen immer noch wichtiger als der Arbeitsmarkt. Was meinen Sie damit?

Der Blick auf die eigenen und die abgeleiteten Altersrenten der Frauen macht deutlich: Von der eigenen Rente können nur wenige Frauen leben. Waren oder sind sie aber verheiratet, so geht es ihnen im Alter finanziell viel besser. Die Altersrenten von Männern sind in Westdeutschland fast doppelt so hoch wie die von Frauen. Sehr häufig liegen sogar die stark gekürzten Witwenrenten über den eigenen Altersrenten der Frauen.

Sie sagen, dass zunehmend „auch der Heiratsmarkt zusammenbricht“ – was ist damit gemeint?

Frauen gehen heute ein relativ hohes Risiko ein, wenn sie sich auf die sogenannte „Versorgerehe“ einlassen. Denn die Scheidungsquoten sind hoch, und das neue Unterhaltsrecht verlangt von Frauen, selbstständig für ihre Absicherung zu sorgen.

Was sollten Frauen also am besten tun: Nicht mehr heiraten? Mehr arbeiten?

Ein doppeltes Nein. Warum sollten sie nicht heiraten, insbesondere wenn der Gesetzgeber immer noch relativ hohe finanzielle Anreize setzt? Mehr arbeiten geht eigentlich auch nicht, da Frauen schon heute voll beschäftigt sind.

Was muss sich also ändern?

Es geht darum, dass sich Frauen mit ihren Partnern oder Partnerinnen den Anteil bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter (Sorge-)Arbeit besser aufteilen. Statt kleine Teilzeit bei Frauen und hohe Vollzeit bei Männern heißt das dann eine 32-Stunden-Woche für beide. Dabei kann es über das gesamte Erwerbsleben natürlich Abweichungen nach oben und unten geben – im Durchschnitt sollten wir aber diesen Wert erzielen.

Und was erwarten Sie von den Männern?

Dass sie das tun, was sie so oft sagen: eine gleichberechtigte Teilhabe zu leben, das heißt, sich zu kümmern um Kinder, um Haushalt, um Pflege. Interview KMS

19 Uhr, Haus der Wissenschaft, Eintritt zehn Euro, ermäßigt fünf