Portrait
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Hat es in sich: Erzbischof Stefan Heße Foto: dpa

Der bescheidene Zupacker

Jeder, der sich Christus anschließen will, ist uns willkommen.“ Das sagte Stefan Heße kürzlich im „Domradio“, dem Hörfunksender des Erzbistums Köln. Seit 2015 ist der gebürtige Kölner katholischer Bischof des Erzbistums Hamburg und Flüchtlingsbeauftragter der deutschen Bischofskonferenz.

Mit seinem Kommentar bezog sich der 50-Jährige auf die Konversionen Geflüchteter zum Christentum. Die sind anlässlich der Tötung eines Jungen durch einen 41-jährigen konvertierten Afghanen in Bayern Gegenstand von Diskussionen (taz berichtete). Kritiker befürchten, dass sich muslimische Geflüchtete taufen lassen, um ihre Abschiebung zu verhindern.

Als „so gut wie ausgeschlossen“ bezeichnete Heße das gegenüber „Domradio“ und warnte davor, „eine Spaltung der Gesellschaft herbeizureden“. „Menschen anschauen, sie wahrnehmen und ihnen Aufmerksamkeit schenken“ – das will er, schreibt er in einem Brief an die Gemeinden seines Erzbistums. Und er tut es auch: „Wenn man sich in Flüchtlingsunterkünften anhört, was diese Menschen erlebt haben, wird man ziemlich bescheiden“, sagte er der SHZ.

Sein Händedruck ist allerdings eher zupackend als bescheiden. Und auch der Mann hat es in sich. Zwar strahlt er die innere Ruhe aus, die man von einem Bischof erwartet, aber gleichzeitig ist er ganz schön laut. Die Obergrenze für Geflüchtete nannte er „völlig unsinnig“ und er sprach sich gegen Einschränkungen beim Familiennachzug aus. Stattdessen plädierte er für die Beschleunigung der Asylverfahren und die Stärkung der Integrationskultur.

Auch über Homosexualität äußert sich Heße für einen katholischen Bischof ungewöhnlich liberal. Beim Thema Homo-Ehe hält er sich lieber zurück, aber er sagt: „Wir müssen wertschätzen, wenn in homosexuellen Beziehungen Werte wie Treue und Verlässlichkeit gelebt werden“, sagte er dem Kölner Stadtanzeiger.

Wenn übrigens junge Menschen mal eben eine Frage haben, können sie die unkompliziert stellen: über Whats-App. Über seinen Kanal verbreitet Heße dort auch ein bis zweimal pro Woche spirituelle Botschäftchen. „Euer Erzbischof Stefan“, heißt es dann am Ende ganz bescheiden. Lena Eckert