Das Ding, das kommt
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Ein Notenpult richtig aufzubauen, ist eine Kunst für sich. Aber was heißt schon richtig? In der Performance „Field“ des Duos Skills wird das Bühnenrequisit stattdessen selbst zum Instrument Foto: muzyczny.pl/Wikimedia

Richtig falsch aufgebaut

Wenn der Fuß nebst Bein endlich fest auf dem Boden steht, dann geht‘s erst richtig los: Alle Bügel nach oben klappen, dann die kleinen wieder nach unten und schließlich, ganz vorsichtig, die Blattablage auseinanderfalten. Alles immer hübsch der Reihenfolge nach und bloß keine Gewalt anwenden, sonst verbiegen die feinen Streben und er ist ganz schnell hinüber. Und dann hilft nur noch Improvisation.

Gar nicht so einfach, so ein klappbares Notenpult richtig aufzubauen und anschließend auch wieder richtig zusammenzuklappen. Ein gefundenes Fressen natürlich für Komiker*innen wie Karl Valentin und Liesl Karlstadt. „Musik zu zweien“ heißt deren Kurzfilm von 1932, in dem der Kampf mit dem wie verhext wachsenden, schrumpfenden und sich in alle Richtungen biegenden Bühnenrequisit zwei Musikclowns schließlich das Engagement kostet: Den ersehnten Job bekommt stattdessen eine Horde dressierter Affen.

Dabei ist es vielleicht nur eine Frage der Perspektive: In der gerade auf Kampnagel in Hamburg zu erlebenden Konzertperformance „Field“ des Performanceduos Skills, bestehend aus der Berlinerin Camilla M. Fehér und der Hamburgerin Sylvi Kretzschmar, nämlich wird der Notenständer einfach selbst zum Instrument, das Klappern beim Herumhantieren zum akustischen Auftakt für knapp anderthalb Stunden szenisches Experimentieren rund um die Themen Überwachung und Lauschangriff und die ausufernden (un-)sichtbaren Bedeutungsfelder dazwischen.

Immer mehr Notenständer kommen auf die Bühne, werden zu merkwürdigen Antennenbrillen, zu Hightech-Waffen oder Wünschelruten. Und am Ende zu einem großen Haufen verhakter Metallstreben aufgeschichtet, inmitten sich drehender oder längst zersplitterter Keramikschüsseln. Ein glitzernder Berg wie … ja was eigentlich?

Denn übersetzt haben die Performerinnen ihre Recherche nebst Interview mit einem Telefonate ablauschenden Geheimdienstler nicht in ein Dokustück über NSA-Abhöranlagen, sondern in eine bewusst diffus und unfassbar bleibende Versuchsanordnung über die Rolle verschiedener Körper und die Möglichkeiten, sie in einen neuen Zusammenhang zu bringen. MATT

noch Sa, 17.6., 20 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20, Hamburg