Ein ganzes Dorf ausradiert

Katastrophe Riesiger Erdrutsch in China: Mindestens 118 Menschen unter Geröll begraben

PEKING taz | Das Ausmaß der Zerstörung ist gewaltig. Wo vorher noch ein idyllisches Dorf am Flussufer stand, ist nun alles versunken in Schutt, Schlamm und Geröll. Dazwischen graben Tausende Helfer in orangefarbenen Leuchtwesten zwischen den Felsbrocken in der Hoffnung, noch Überlebende zu finden. „Die Chancen sind gering“, sagt Helfer Wang Yongbo dem chinesischen Staatssender CCTV. „Dieser Erdrutsch war einfach zu gewaltig.“

Eine Gerölllawine hat am frühen Samstagmorgen in der südwestchinesischen Provinz Sichuan ein gesamtes Dorf unter sich begraben. Nach Angaben chinesischer Staatsmedien sind sämtliche 62 Häuser von Xinmo verschüttet. Bisher gelang es den Rettungskräften, 15 Leichen zu bergen, mindestens 118 Menschen gelten als vermisst.

Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, berichtet ein CCTV-Reporter. Erdschutt von mehr als 20 Metern lägen über dem Dorf. Die Helfer müssten Tunnel graben, um zu den Opfern zu kommen. Anfangs seien noch Lebenszeichen zu hören gewesen. Später seien die Hinweise verstummt. Die Rettungsarbeiten dauerten den ganzen Sonntag über an. Insgesamt sind mehr als 3.000 Helfer im Einsatz.

Ursache der Katastrophe sind laut Experten die heftigen Regenfälle der letzten Tage. Viele Flüsse in der Region sind bereits über die Ufer gelaufen. Laut Feuerwehr ist der Boden so aufgeweicht, dass sich die Erdmassen von einem hohen Berghang lösen konnten. Über drei Millionen Kubikmeter Erde und Steine sind den Berg herabgerutscht.

Das Unglück passierte in einer bergigen Gegend von Sichuan, die besonders von den Minderheiten der Tibeter und der Qiang bewohnt wird. Schwere Erdrutsche hat es in dieser Region immer wieder gegeben. Doch die Zahl der Katastrophen stieg zuletzt deutlich. Erst vor wenigen Tagen meldete der benachbarte Kreis Puge einen Erdrutsch, zwei Dorfbewohner starben. Vier weitere wurden schwer verletzt.

Geologen führen diese Häufung auf die vielen Straßen- und Bergbauarbeiten zurück. Zudem seien in der Region viele Bäume gefällt worden. Auch das erhöhe die Erosionsgefahr. „Schon schwacher Regen kann eine geologische Katastrophe auslösen“, meint das örtliche Wetteramt.

Auch der Klimawandel könnte eine Rolle spielen. Seit Wochen gehen heftige Regenfälle nieder, wie sie in diesem Ausmaß selbst für diese Region unüblich sind. Betroffen sind auch die benachbarten Provinzen Hunan und Hubei. Für die Bewohner dieser Regionen heißt das nichts Gutes: Sie müssen sich auf weitere Erdrutsche einstellen. Felix Lee