Press-Schlag
: Es ward ein Event

Elfmal gab es bislang eine Europameisterschaft im Frauenfußball, achtmal ging der Titel nach Deutschland. Nach den Kriterien der Aufmerksamkeitsökonomie könnte man die Bilanz so formulieren: Die DFB-Elf ist das Wasserfreunde Spandau des Frauenfußballs. Wie der Rekordmeister im Männerwasserball auch beherrschen die deutschen Kickerinnen die Konkurrenz. Bloß: Keiner kriegt’s mit.

Doch der Vergleich hinkt mehr als eine von Hope Solo gestoppte Stürmerin. Denn bei großen Turnieren wie WM oder Olympia erhält diese Sportart tatsächlich große Aufmerksamkeit: Das Finale der EM 2013, den 1:0-Sieg über Norwegen, sahen 8,9 Millionen Fernsehzuschauer, mehr als manchen „Tatort“. Im Vergleich zu den 29,8 Millionen, die 2016 das EM-Finale der Männer sahen, ist das nur auf den ersten Blick wenig, denn fast ein Drittel der Aufmerksamkeit für ein Männerfußballevent – das ist ein Wert, der utopisch hoch scheint. Wenn Sport1 ein Spiel der Frauenbundesliga über­trägt, sind weniger als 100.000 Geräte eingeschaltet. Dennoch hat der deutsche Frauenfuß­ball Stars hervorgebracht: Birgit Prinz, Steffi Jones oder aktuell Dzse­nifer Marozsan.

Hilfe, der Hegemon!

Das liegt daran, dass Frauenfußball, zumindest in Deutschland, ein Eventsport ist. Das hat er mit dem Schwimmen gemein, das auch nur bei Olympischen Spielen und WMs eine gewisse Aufmerksamkeit erfährt, dem es aber gleichwohl gelungen ist, Stars zu produzieren: Franziska van Almsick, Britta Steffen, Marco Koch. Doch für die Bundesliga der Schwimmer (doch, die gibt’s!) interessiert sich niemand.

Die immer wieder geäußerte Hoffnung, der Frauenfußball möge doch bitte einen ähnlichen Stellenwert wie das Kicken der Männer erhalten, ist illusio­när: Der Platz der hegemonialen Sportart ist in Deutschland, wie in den allermeisten Gesellschaften der Welt auch, vergeben: Männerfußball. Alles andere – ob Tennis, Boxen, Handball oder Biathlon – sortiert sich dahinter ein. Und da stehen die Kickerinnen, die gerade in den Niederlanden ihren EM-Titel verteidigen wollen, gar nicht so schlecht da. Besser als Wasserball.

Martin Krauß