In der Manege fürs Leben lernen

Rahmenvertrag über schulbezogene Jugendhilfe macht sozialen Projekten Hoffnung auf Zuschüsse

Ein Tusch erklingt, die Spiegelkugel beginnt sich zu drehen – Manege frei für die jungen Artisten: In glitzernden Gewändern und mit buntgefärbten Haaren zeigen die Viertklässler ihr Können. Die Akrobaten bauen eine Pyramide, Jongleure werfen Diabolos in die Luft, Clowns erzählen Witze. Das Publikum ist hellauf begeistert. Doch es geht nicht nur um Applaus beim Circus Cabuwazi: Wenn die Jungartisten nach ihrer Projektwoche im Zirkus wieder in die Schule gehen, sollen sie die Erfahrungen aus der Manege mit ins Klassenzimmer nehmen.

Dort, so bestätigt Janette Keune, Lehrerin der Klasse 4 a, die gerade auftritt, mangele es vor allem an Rücksichtnahme, Aufmerksamkeit und gegenseitigem Respekt. Alles Dinge, die man für den Auftritt im Kinderzirkus braucht. Denn wenn die Show ein Erfolg werden soll, müssen alle zusammenarbeiten. Für Keune ist diese Projektwoche mehr als nur Abwechslung vom Schulalltag. Sie hält es für außerordentlich wichtig, dass Kinder „andere Orte als Lernorte erfahren“. Dort könnten sie lernen, dass die Anforderungen in der Schule sich mit denen des Alltags decken.

Auch beim Circus Cabuwazi ist man der Ansicht, dass die Schule die Ansätze der Jugendhilfe brauche, um „Bildungsdefizite zu reduzieren“. Deswegen arbeitet das Jugendhilfeprojekt des Paritätischen Wohlfahrtsverbands seit 1996 eng mit Schulen zusammen und veranstaltet die Projektwochen. „Klappt mal was nicht in der Manege, dann wiederholt man eben den Versuch noch einmal und gibt nicht sofort auf“, sagt Christiane Fischer von Cabuwazi.

Lange hatte die schulbezogene Jugendhilfe keine Lobby. Erst im Mai dieses Jahres schloss Bildungssenator Klaus Böger (SPD) eine Rahmenvereinbarung mit dem Wohlfahrtsverband. Darin wird die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe ausdrücklich gutgeheißen. Damit säßen die Projekte jetzt nicht mehr wie bisher „zwischen allen Stühlen“, wie Elvira Kriebel vom Paritätischen Wohlfahrtsverband erklärt. Und: Die Vereinbarung sei zugleich „eine Anerkennung der Arbeit, die wir in den vergangenen Jahren geleistet haben“. Mit rund 90 Schulen kooperieren paritätische Jugendhilfeträger, darunter neben dem Kinderzirkus Cabuwazi auch zahlreiche Schülerclubs und Fördervereine.

Allerdings wünsche man sich darüber hinaus mehr Sicherheiten, vor allem finanzieller Art, so Kriebel. Diese sind bisher nicht vereinbart worden. Auch in dieser Hinsicht könnte die Vereinbarung helfen, da für die Geldgeber so deutlich wird, dass die Projekte effektiv arbeiten. Bisher müssten Einrichtungen oft jedes Jahr erneut um ihr Fortbestehen bangen, weil die Finanzierung ungeklärt ist, so Elvira Kriebel.

Bereits dieses Jahr konnte nur die Hälfte der Klasse von Janette Keune an der Projektwoche teilnehmen. 25 Euro Gebühr waren für die anderen Schüler bereits zu viel. „Dabei wären solche Projekttage gerade für Kinder aus sozial schwächeren Familien wichtig“, bedauert Keune.

Doch wahrscheinlich ist Janette Keune in diesem Jahr zum letzten Mal beim Kinderzirkus. Auch Cabuwazi hat sein Angebot seinen finanziellen Möglichkeiten angepasst: Statt viele Klassen eine Woche einzuladen, werden jetzt wenige über einen längeren Zeitraum betreut. Das Konzept lässt sich besser finanzieren, so die Begründung.

VERONIKA DE HAAS