„Die Zukunft liegt im Umbau“

Burghard Schneider, Direktor des Verbands der Wohnungswirtschaft (VdW) Rheinland Westfalen, lehnt beliebige Neubauförderung ab. Darüber will er heute mit CDU-Bauminister Wittke debattieren

INTERVIEW: FRANK ÜBERALL

taz: Was werden Sie NRW-Bauminister Oliver Wittke bei Ihrer Tagung mit auf den Weg geben?

Burghard Schneider: Dass die Zukunft unseres Landes in den Städten liegt! Eine Änderung der Politik dahin, dass künftig in NRW die Förderung der ländlichen Regionen Vorrang vor den Städten hat, wie es im Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP steht, wäre grundfalsch. Ohne vitale, urbane Städte werden drum herum auch keine blühenden Regionen sein. Die Politik muss sich gezielt fragen, was sie tun kann, um Städte wieder als Wohnstandort zu entdecken und nicht nur als Ort für die Ansiedlung von Firmen. Das nutzt dann auch dem Umland.

In Großstädten wie an ihrem Tagungsort Köln fehlen Wohnungen. Sie aber fordern einen Verzicht auf Neubauten?

Auch Köln wird langsam von den demographischen Entwicklungen erfasst werden, wie sie heute bereits im Ruhrgebiet zu beobachten sind. Die Unternehmen, die noch immer eine große Nachfrage nach Wohnungen haben, sollten mal ins Ruhrgebiet gucken. Da sehen sie wie unter einem Brennglas all die Probleme, die auf sie in 15 Jahren zukommen. Da wachsen nämlich die Leerstände. Das müssen wir im Blick behalten.

Sie wollen keine öffentliche Förderung mehr für den Wohnungsbau?

Wenn alle Wohnungen irgendwie gefördert werden – über den sozialen Wohnungsbau, über Steuerabschreibungen oder die Eigenheimzulage – dann macht das keinen Sinn. Dann zieht der Staat dem Bürger aus der linken Tasche das raus, was er ihm in die rechte Tasche wieder rein steckt. Die Zukunft liegt nicht im wahllosen Neubau, sondern im Umbau vorhandener Wohnungen. Da werden etwa zwei kleine Wohnungen zu einer großen zusammen gelegt, es entstehen Maisonette-Wohnungen über zwei Stockwerke oder es werden Hochhäuser auf halber Höhe abgeschnitten – die Wohnungswirtschaft reagiert so auf die Bedürfnisse der Menschen.

Dann müsste man ja eher den Abriss von Wohnungen fördern?

Auch das, aber Stadtentwicklung kann die Wohnungswirtschaft nicht alleine leisten. Die Förderung des Stadtumbaus ist eine öffentliche Aufgabe. Dabei können wir die Politik aber sachkundig unterstützen.

Bei Ihrer Tagung diskutieren Sie auch über das soziale Abrutschen von Stadtteilen. Wo brauchen Sie da Unterstützung von der Politik?

Die Einkommensschere der Bevölkerung driftet immer weiter auseinander. Der Anteil derjenigen, die nicht über so viel Geld verfügen, nimmt zu. Deshalb leben in bestimmten Stadtteilen besonders viele Menschen, die diesen Gruppen angehören. Dort ist das Zusammenleben schwierig. Diese Menschen, von denen viele arbeitslos sind, brauchen zusätzlich zum Dach über dem Kopf auch soziale Betreuung. Da müssen Konflikte gelöst werden. Die Wohnungswirtschaft macht heute schon solches Quartiermanagement. Unsere Mitgliedsunternehmen beschäftigen Sozialpädagogen, die in diesen Bereichen tätig sind. Das ist aber eigentlich nicht unsere Aufgabe, sondern für soziale Probleme muss immer noch die Gemeinschaft aufkommen. Wir bieten unseren Sachverstand dazu an.

Merken Sie in Ihren Unternehmen bereits Auswirkungen von Hartz IV?

Das ist regional sehr verschieden, weil die Zuständigkeit vor Ort liegt. Es gibt Bereiche, aus denen wir hören, dass die Ämter Menschen auffordern, ihre Wohnung zu verlassen, weil sie zu groß ist. Es gibt andere, wo das nicht der Fall ist. Die Wohnungsunternehmen spüren Hartz IV aber auch beim Problem ausbleibender Mietzahlungen.

In finanziell schlechten Zeiten wird gerade bei öffentlichen Wohnungsunternehmen gerne der Ruf nach Privatisierung laut. Ist das sinnvoll?

Wenn man Wohnungen privatisiert, indem man sie den Mietern zum Kauf anbietet, ist dagegen nichts einzuwenden. Block-Verkäufe jedoch haben nichts mehr mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Wohnraum zu tun. Wohnen ist eben nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern auch ein soziales Gut. Wir begreifen uns nicht als Wohnungshändler, sondern bekennen uns zur nachhaltigen Bewirtschaftung – das heißt zum Beispiel Investition in die Bestände und langfristige Mietverträge.