Gabba Gabba Gammeljeans

Die Ramones werden als Urväter des Punk verehrt. Aber muss man deshalb gleich ein Museum gründen? Für Florian Hayler ist die Antwort klar: In einem Kreuzberger Keller zeigt er Poster, T-Shirts und andere Devotionalien der New Yorker Band

Vor lauter Sammelwahn kommt die Musikgeschichte ein wenig zu kurz

VON ANDREAS HARTMANN

Was da in der Glasvitrine hängt, ist nicht bloß eine gammelige Jeans, die einmal zu oft getragen wurde. Es ist eine Jeans, die Johnny Ramone auf der Bühne getragen hat. Und auch der fingerlose Lederhandschuh stammt nicht aus der Altkleidersammlung, sondern direkt von der Hand Joey Ramones.

Wir befinden uns mitten im eben eröffneten „weltweit ersten Ramones Museum“ in Berlin Kreuzberg. Über 300 Devotionalien, die irgendwie im Zusammenhang mit der inzwischen verblichenen New Yorker Punkband stehen, hat Museumsleiter Florian Hayler in 16-jähriger Sammelleidenschaft zusammengetragen. Angefangen hat alles, so Hayler, mit dem Kauf eines Band-T-Shirts auf einem Ramones-Konzert und mit dem Aufheben der Eintrittskarte. „Andere gehen in den Urlaub oder reiten“, sein neues Hobby war jedoch fortan: Ramones-Memorabilien zusammenzutragen.

Bald nahm er Kontakt zu den Bandmitgliedern auf und seine Funktion als stellvertretender Chefredakteur bei Uncle Sallys, Berlins Kostenlosblatt für echte Punkrocker, erleichterte ihm den Austausch mit anderen Fans und Sammlern. Auf die Frage, was die Ramones ausgerechnet mit Berlin verbindet, gibt Hayler zu: „Ehrlich gesagt, nicht so viel.“ Außer, so Hayler, dass Dee Dee Ramone als Sohn eines hierzulande stationierten GIs seine Jugend in Zehlendorf verbracht habe. Und dann gibt es auf der letzten Ramones-Platte „Adios amigos“ aus dem Jahr 1996 ja noch einen Song, der „Born to die in Berlin“ heißt.

Berlin passt vielleicht aber auch deswegen ganz gut, weil das ohnehin schon enorme weltweite Interesse an der als Urväter des Punk gefeierten Band hier nochmals größer zu sein scheint als anderswo. Hollywood mag derzeit zwar eine Verfilmung zur Geschichte der Band planen, die die Sex Pistols und die Punk-Explosion Ende der Siebziger erst ermöglichte; das erste Ramones-Musical ist jedoch vor kurzem in Berlin auf die Bühne gebracht worden. Jedenfalls erleben die Ramones, deren Mitglieder in den letzten Jahren mit Ausnahme von Drummer Marky Ramone komplett weggestorben sind, im Zuge des aktuellen Rock-Hypes eine ungeahnte Renaissance. Hier komme alles her, so wird von Punk-Historikern behauptet: Die Revolution, die die vier Jungs aus der New Yorker Vorstadt in Lederjacken, Jeans und Sneakern mit ihrem gleichnamigen Debüt 1976 ausgelöst haben, halle bis heute nach. Man denke nur an die aktuelle Platte des punkrockigen Electronic-Produzenten T. Raumschmiere, die in Anlehnung an einen Ramones-Klassiker „Blitzkrieg Pop“ heißt. Somit soll das Ramones-Museum laut Hayler nicht nur ein Walhalla für alte, sondern auch für neue Fans sein, ein Ort der „Musikgeschichte“.

Tatsächlich kommt der gute Vorsatz ein wenig zu kurz im Museum. Bei allem Krempel, der hier verteilt wurde, bietet das ausgebreitete Material weniger einen Einblick in die Ramones-Geschichte als in den Sammelwahn eines echten Otakus. Gleichgesinnten mag beim Anblick einer original Setlist eines Ramones-Konzerts und diversen Tourpostern das Herz schneller schlagen; für alle anderen hält sich der Informationsgehalt dieser Exponate eher in Grenzen.

Doch wahrscheinlich soll das Museum auch gar nicht viel mehr sein als eine kleine Obskurität in Kreuzberg, ein Spaßprojekt. Wann das im ehemaligen Partykeller der Berliner Band Elke – natürlich auch Ramones-Fans – genau geöffnet sein wird, steht noch nicht hundertprozentig fest. Wahrscheinlich an den Wochenenden. Umsatz macht mit dem Museum natürlich auch niemand. Man könnte höchstens sagen, die Auratisierung von Eintrittskarten durch deren Musealisierung könnte der Wertsteigerung dienen. Aber nein, Hayler ist Punkrocker und nicht der Saatchi von der Spree.

Ramones-Museum, Solmsstraße 30; weitere Infos unter: www.ramonesmuseum.de