Thalia im Kreuzfeuer

Verdi beklagt „Aushilfen ohne Rechte“: Ein Fünftel der Beschäftigten bekämen als Aushilfen im Krankheitsfall kein Geld. Chef widerspricht

bremen taz ■ Der Bremer Verdi-Sekretär Richard Schmid hat die Buchhandelskette Thalia eher zufällig aufs Korn genommen, nachdem eine studentische Aushilfse der Kette sich nach ihren Rechten erkundigte. Vorausgegangen war eine Krankheit der jungen Frau – für die diese nach Gewerkschaftsangaben keine Lohnfortzahlung bekommen sollte. Von bisher „paradiesischen Zuständen für den Arbeitgeber“ berichtet denn auch das interne verdi-Magazin „Forum“ und moniert: Auch bezahlten Urlaub sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld gebe es für Aushilfskräfte nicht.

Klagen gegen den Arbeitgeber gibt es freilich auch nicht. „Die Leute verstehen Andeutungen, die gemacht werden so, dass man sich auch von ihnen trennen könnte“, sagt der für den Einzelhandel zuständige verdi-Mann Schmid. Nach seiner Berechnung sind von den rund 70 Beschäftigten der Kette an den Standorten Obernstraße, Sögestraße und Rolandcenter rund 20 Personen Aushilfen mit verschiedensten Verträgen, vom 400-Euro Minijob bis zum 20-Stunden Vertrag. Gemeinsam dagegen sei ihnen, dass sie bei „rechtswidrigen Arbeitsbedingungen“ teilweise über längere Zeit beschäftigt seien.

Die Betriebsratsvorsitzende der drei Filialen war gestern jedoch zugeknöpft. „Wir führen derzeit Gespräche mit den Geschäftsleitungen“, sagte sie. Mit Rücksicht darauf könne Sie sich zu den Vorgängen nicht äußern. Filialleiter verweisen auf das „Budget“ ihrer jeweiligen Filiale, das einzuhalten sei. Für die Arbeitsverträge sei der Personalleiter des Bereiches Thalia Nord in Hamburg zuständig.

Dort ist Oliver Bartels über die Vorwürfe überrascht. „Es stimmt, wir zahlen an Aushilfen kein Weihnachts- und kein Urlaubsgeld“, sagt er. Dies gehe auf Abmachungen mit den Hamburger Betriebsräten zurück – nachdem StudentInnen durch die Einmalzahlungen mehrmals unverhofft in Bedrängnis geraten seien, etwa wegen gesetzlicher Zuverdienstgrenzen. Darum habe man einen „vernünftigen Stundenlohn“ für die häufig belesenen Aushilfen zwischen acht und zehn Euro ausgehandelt. Ansonsten erfülle Thalia rechtliche Ansprüche wie beispielsweise Lohnfortzahlung im Krankeitsfall. „Die kriegt jeder mit gelbem Schein“, sagt Bartels. Doch werbe man damit nicht offensiv. Es sei aber Thalia Unternehmenskultur, mit Beschäftigten fair umzugehen. Nicht ohne Grund habe die Douglas-Group, zu der Thalia gehört, in 2004 den zweiten Platz eines von „Kapital“ und „Wirtschaftswoche“ ausgerufenen Wettbewerbs zum „Arbeitgeber des Jahres“ im bereich Einzelhandel gemacht.

Verdi-Mann Schmid sieht die Lage ganz anders – und hat auch schon von Klagen beispielsweise aus Berlin gehört. Zugleich nennt er „die Deregulierung im Einzelhandel dramatisch“. Vielerorts gebe es einen drastischen Abbau der Stammbelegschaft und ein Dumping der Löhne – auch durch wachsenden Einfluss von Leiharbeitsfirmen. Für die festen Bremer Thalia-Beschäftigten jedoch gilt bislang immerhin der Tarif des Bremer Buchhandelsverbands. ede