Für die Regierung geht es um die Mehrheit

AustralienEin Vizepremier mit doppelter Staatsbürgerschaften ist laut Verfassung verboten

SYDNEY taz | Er ist ein „Aussie“ wie aus dem Bilderbuch: ein Slang wie „Crocodile Dundee“, ultrakonservativ und bodenständig. Und einen überdimensionierten Hut trägt er auch. Barnaby Joyce, Vizepremierminister von Australien, ist ein Politiker nach dem Geschmack der meisten Australier.

Er hat nur ein Problem: der Mann ist auch Neuseeländer. Das hat er am Montag bekannt gegeben. Und damit darf der 50-Jährige eigentlich nicht im Bundesparlament sitzen. So besagt es die australische Verfassung.

Doppelstaatsbürgerschaft ist in den letzten Wochen gleich für mehrere australische Abgeordnete zu einer Art politischen Geschlechtskrankheit geworden. Im Stillen fürchtet man, dass man sie haben könnte, scheut sich aber vor der Diagnose. Das Drama begann mit zwei grünen Senatoren. Larissa Waters wusste nicht, dass sie seit Geburt auch Kanadierin ist, Scott Ludlam stellte mit Schrecken fest, dass er auch die neuseeländische Staatsbürgerschaft hält. Beide hatten vor Amtsantritt nicht wie vorgeschrieben die Möglichkeit einer weiteren Staatsbürgerschaft abgeklärt und traten sofort zurück. Ein paar Tage später ein weiter Schock: Rohstoffminister Matt Canavan ist Italiener. Er gab seiner italienischstämmigen Mama die Schuld. Sie habe ihn angemeldet, ohne sein Wissen.

Wie Canavan zog auch Joyce nicht die Konsequenzen, sondern stellt sich stur. „Ich wusste nichts davon“, pochte er im Parlament. Das Oberste Gericht soll jetzt das archaische Gesetz interpretieren, wonach kein Abgeordneter „anderen Interessen dienen“ dürfe.

Premierminister Malcolm Turnbull kann nur hoffen, dass der Entscheid zu seinen Gunsten ausfällt. Denn sonst könnte er seine hauchdünne Mehrheit im Parlament verlieren. Die beträgt nämlich nicht mehr als eine einzige Stimme. Und Barnaby Joyce müsste seinen überdimensionierten Hut nehmen. Urs Wälterlin