Der Kapitän

Wie machen Sie das?

Peter Rößler, 47, fährt seit 1988 zur See und ist Kapitän auf einem Containerschiff der Reederei Hapag-Lloyd. Für seine Route ins chilenische Valparaí so und wieder zurück nach Hamburg benötigt er neun Wochen. Danach verbringt er die gleiche Zeit mit seiner Frau und drei Kindern.

taz.am wochenende: Als Kapitän sind Sie immer wieder für Monate von Ihrer Frau getrennt. Diese Fernbeziehung führen Sie schon seit 20 Jahren. Wie machen Sie das?

Peter Rößler: Als Kapitän habe ich an Bord das Sagen, aber zu Hause muss ich mich auch unterordnen können. Sonst funktioniert das nicht. Wenn ich nicht zu Hause bin, hat die Familie ihren eigenen Rhythmus. Komme ich dann zurück, bin ich derjenige, der sich anpassen muss. Gleichzeitig müssen beide Partner selbstständig sein, auch emotional.

Wie meinen Sie das?

Man muss auch alleine klarkommen. Das entwickelt sich mit der Zeit. Am Anfang hängt man noch sehr aneinander, aber irgendwann kommt eine gewisse Routine. Wir schreiben uns E-Mails und zuletzt habe ich einmal pro Woche angerufen. Aber das Schönste ist dann eigentlich die Vorfreude, wieder nach Hause zu kommen. Dadurch wird es nie langweilig.

Wenn Kinder noch Babys sind, kann in ein paar Wochen viel passieren. Wie haben Sie das erlebt?

Bei meinen ersten beiden Kindern habe ich die Geburt miterlebt, musste dann aber eine Woche später schon wieder los. Zu der Zeit war ich noch vier Monate auf See. Meinen Jüngsten habe ich erst vier Wochen nach der Geburt gesehen. Es ist schön, dass ich drei Kinder habe. So kann ich bei dem einen die Phase miterleben, die ich bei dem anderen verpasst habe.

Hatten Sie schon einmal Liebeskummer?

Auf See ist man sehr angespannt und praktisch 24 Stunden am Arbeiten. Dadurch hat man wenig Zeit, über die Familie nachzudenken.

Dem Klischee nach besuchen Seeleute in fremden Häfen gleich das Rotlichtviertel. Hand aufs Herz: Waren Sie ein treuer Ehemann?

Ja! Ich kenne noch die Zeiten, als ­dieses Klischee wirklich zutraf. Durch kürzere Liegezeiten und das An­fahren abgelegener Häfen hat sich das aber in den letzten Jahren ­deutlich verändert.

Interview Björn Struß