brüsseler spitzen
: Gar nicht MEGA

die eu-parlaments-kolumne

von Eric Bonse

Es läuft nicht gut für Martin Schulz. Nicht nur in Berlin fällt es dem SPD-Kandidaten schwer, sich ­Gehör zu verschaffen. Auch in Brüssel, seiner politischen Heimat, ist er kaum wahrnehmbar. Der Mann, der noch vor einem Jahr das Europaparlament führte und die EU-Agenda prägte, ist zur Unperson geworden.

Nicht einmal Jean-Claude Juncker hält noch zu ihm. „Ich bin Christdemokrat, daher wünsche ich mir, dass meine Parteifamilie erfolgreich aus dieser Wahl hervorgehen wird“, sagte Juncker im ARD-Interview. „Aber ­Martin Schulz bleibt mein Freund“, fügte er hinzu. Es klang fast wie ein Nachruf.

Denn in Brüssel glaubt kaum jemand, dass Schulz in vier Wochen Kanzlerin Angela Merkel ablösen wird. Hier liest man nicht das SPD-Wahlprogramm, sondern folgt Christian Lindner. Der FDP-Chef stellt markantere Forderungen an die Europapolitik als Schulz. Und er hat größere Chancen auf einen Wahlerfolg.

Dabei hatte Schulz die besten Voraussetzungen, zum Idol der Eurokraten aufzusteigen. Schließlich ist er selbst einer. Außerdem kennt er Merkels Schwächen in der Europapolitik besser als jeder andere. Griechenland, die Flüchtlingskrise, die Ausländermaut – die Kanzlerin hat sich viele Blößen gegeben.

Doch der Kandidat hat sie nicht genutzt. Als er noch Präsident des Europaparlaments war, hat er sich einbinden lassen in die Große Koalition in Berlin – und selbst eine Groko in Brüssel angeführt. Schulz hat keine Alternativen aufgezeigt, sondern vor allem Selbstdarstellung betrieben. Das rächt sich nun.

Denn anders als Emmanuel Macron in Frankreich kann sich Schulz nicht als Hoffnungsträger präsentieren. Er ist kein Erneuerer, sondern Teil des Esta­blishments. Er distanziert sich nicht vom „deutschen Europa“, das Populisten und Nationalisten auf den Plan ruft. Er will alles nur ein wenig sozialer machen.

Dabei war er doch als „Gottkanzler“ angetreten. MEGA – „Make Europe Great Again“ – hieß der Slogan, mit dem Schulz von seinen Fans hochgejubelt wurde. Klar, das war ironisch gemeint – als Anspielung auf „Make America Great Again“. Aber es war auch ein Zeichen der Hoffnung.

Nach Macron, so sah es aus, würde auch Schulz der EU neues Leben einhauchen. Europas „Ancien Régime“ wurde infrage gestellt. Doch die Aufbruchstimmung ist verpufft. In Brüssel erntet Schulz nur noch Achselzucken. Das ist nicht MEGA, sondern mega­enttäuschend.