… SVEN MARQUARDT?
: Draußen bleiben
Irgendwo muss seine Autorität ja herkommen. An den vielen Tattoos und kunstvollen Piercings allein wird es nicht liegen: Sven Marquardt, Berlins bekanntester Türsteher, regelt den Einlass im Berghain, Berlins bekanntestem Club. Er bestimmt über Reinkommen und Draußenbleiben, und wenn er dabei etwas sagt, dann ist es immer das letzte Wort. Diese Aura des Unüberwindlichen, die Marquardt dabei umgibt, wird nicht allen Türstehern zuteil. Sondern eben nur jenen, die früher selbst irgendwo nicht reingekommen sind. Und folglich mit jeder Faser ihres Körpers um den Unterschied zwischen drinnen und draußen wissen. Ohne diese Lebenserfahrung kann es ein Türsteher mit Professionalitätsanspruch eigentlich vergessen. Er wird nie wirklich ernst genommen und immer als stumpfer Machttrottel verspottet werden – ob in Berlin oder Bottrop, die Leute sind ja nicht blöd.
Ein Schicksal ist dies, das Marquardt absolut erspart bleibt. Denn er ist früher nicht in den Stadtteil Mitte reingekommen. Zu Ostzeiten gab es für Menschen, die anders aussahen, ein gesetzliches Mitte-Verbot. Da hatte es Marquardt als fotografierender Punk mit Sicherheitsnadel im Ohr und wer weiß wo noch folglich schlecht erwischt. Das lernen wir aus einem Interview, dass der mittlerweile 50 Jahre alte Türsteher der Süddeutschen Zeitung gab. „Es gab ein gefürchtetes Revier am Alexanderplatz, da wurde sehr hart mit einem umgegangen“, erinnert er sich.
Deswegen konnte er auch nicht ohne Weiteres zur Arbeit gehen. Hin und wieder machte der gelernte Fotograf Marquardt Modestrecken für die Sybille, die Vogue des Ostens, deren Redaktion in der Friedrichstraße saß. „Entweder musste ich Schleichwege gehen über den Hakeschen Markt. Oder ich habe ein Taxi genommen“, sagt Marquardt. Einmal angekommen, versteckten ihn die verängstigten Redakteurinnen dann vor ihrer Chefin, die diesen Punk niemals zu Gesicht bekommen durfte.
An der einen Arbeit gehindert, qualifizierte die Vergangenheit Marquardt für seinen neuen Beruf, bei dem er absolut drin ist. Auch wenn er dabei draußen steht. XLA Foto: dapd
