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: TAG DER FREIEN SCHULEN

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Alternative Konzepte machen Schule

Orientierungshilfe In Berlin gibt es heute doppelt so viele Privatschulen als vor zwanzig Jahren. Sie haben verschiedene pädagogische Konzepte sowie Weltbilder. Und dann geht es noch ums Geld

Etwa 35.000 Schüler lernen an einer der rund 130 privaten Einrichtungen der Hauptstadt – jeder elfte. Vor zehn Jahren war es knapp jeder siebte. Und es gibt weit mehr Bewerber, als aufgenommen werden können. Andreas Wegener, Vorsitzender des Berliner Verbandes Deutscher Privatschulen, über das wachsende Interesse: „Viele Eltern sind vom staatlichen Schulangebot nicht mehr überzeugt.“ Mit modernen Konzepten und der Freiheit auch mal „was Neues ausprobieren zu können“ versprechen Privatschulen eine Alternative, für die Schulgelder und lange Wege in Kauf genommen werden.

Die meisten allgemeinbildenden freien Schulen sind als Ersatzschulen anerkannt und werden öffentlich bezuschusst. Dafür müssen sie sich am Berliner Rahmenlehrplan orientieren und Berliner Abschlüsse anbieten. In diese Kategorie fallen auch die christlichen Schulen, Montessori- und Waldorfschulen sowie eine Reihe international orientierter Einrichtungen.

Hinter einer freien Schule steht immer ein pädagogisches Konzept oder eine weltanschauliche Ausrichtung. Die Mehrzahl hat einen kirchlichen Träger. Allein in Berlin gibt es 20 evangelische Schulen, die ein christliches Weltbild vermitteln. Laut Frank Olie, Vorstandsvorsitzender in der Evangelischen Schulstiftung in Berlin und Brandenburg, ist die Zugehörigkeit zu einer Kirche keine Voraussetzung: „An unseren Schulen sind alle willkommen.“ Allerdings müssen sich Schüler aktiv am Religionsunterricht und an der Morgenandacht beteiligen. Beim Schulgeld gilt: Wer mehr hat, zahlt mehr – die Beiträge liegen zwischen 30 und 312 Euro im Monat. „Besserverdienende ebnen jenen mit geringem Einkommen den Zugang zu unseren Schulen“, so Olie. Das Solidarprinzip gilt auch an den Montessori- und Waldorfschulen. Beide Schultypen verfolgen reformpädagogische Ansätze und lehnen Leistungsdruck ab. Es gibt keine Ziffernnoten, kein Schüler bleibt sitzen. In Montessori Schulen steht selbständiges und selbstbestimmtes Lernen im Vordergrund. Nach dem Motto: „Hilf mir, es selbst zu tun“, ist das Kind „Baumeister seiner selbst“. Gelernt wird in altersgemischten Gruppen.

Während Montessori Schulen sich an den staatlichen Lehrplan halten, geht die Waldorfpädagogik Rudolf Steiners eigene Wege. Ziel ist eine ganzheitliche Bildung, die intellektuelle, kreative, künstlerische und soziale Fähigkeiten entwickelt. Kunst, Musik und Theater haben einen hohen Stellenwert. Schüler beider Einrichtungen können das staatlich anerkannte Abitur machen. Hierfür kommen externe Prüfer in die Schulen. Internationale Schulen wie die Berlin International School oder Berlin British School richten sich zwar primär an Kinder von Expatriates, stehen jedoch auch Deutschen offen. Der Unterricht erfolgt in einer Fremdsprache oder zweisprachig, die Klassen sind international. Gebühren von 1.000 Euro im Monat sind keine Ausnahme.

Bundesweit betrachtet sind die Abiturnoten an staatlichen und privaten Schulen übrigens in etwa gleich. Beachtet man die sozioökonomischen Hintergrund, schneiden öffentliche Schulen sogar besser ab: „Man muss die Eingangs- und Ausgangskenntnisse berücksichtigen“, so Wegener. „Eltern, die ihr Kind einer freien Schule anvertrauen, kommen in der Regel aus einem bildungsorientierten Umfeld. Die Kinder bringen ganz andere Voraussetzungen mit.“ Öffentliche Schulen haben es bisweilen schwerer und müssen häufig mehr leisten, um Bildung zu vermitteln. Katja-Barbara Heine