Die Altersliberale

Sie ist milder geworden mit dem Alter, liberaler, ja fast schon progressiv. Die Zeiten, in denen man der CDU-Politikerin Elisabeth Motschmann, gerade 60 geworden, das Etikett „rechts“ anhängen konnte, sie sind vorbei. Es ist auch 30 Jahre her, dass sie mal im Bundesvorstand der ultrarechten „Konservativen Aktion“ saß.

Im nächsten Jahr soll die ehemalige Kulturstaatsrätin für die tief zerstrittene Bremer CDU in den Bundestag einziehen, als Nachfolgerin des Kulturstaatsministers Bernd Neumann, der mit 70 aufhört. Eigentlich hatte Rita Mohr-Lüllmann diesen Posten haben wollen, bis vor kurzem noch CDU-Landesvorsitzende. Und Motschmann hatte sie unterstützt. Doch im Streit mit ihrem innerparteilichen Kontrahenten, dem CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp, war Mohr-Lüllmann schließlich unterlegen, trotz einer Mehrheit an der Basis. Und gab alle Ämter auf.

Motschmann soll nun auch wieder stellvertretende Parteivorsitzende werden – wie schon 1990 bis 2006. Heute sagt sie Sätze wie: „Wir müssen zur konstruktiven Sacharbeit zurückkehren“. Sie sagt, dass sie „Brücken bauen“ will, „versöhnen“. Oder dass sie „richtig Lust“ habe, nach Berlin zu gehen.

In ihrer Partei setzt sich die gelernte Theologin und frühere Journalistin inzwischen für eine gesetzliche Frauenquote in Unternehmensaufsichtsräten ein – nachdem sie jahrelang auf Freiwilligkeit setzte, dazu die konservative Rollenzuordnung verteidigte. In den 80ern galt sie als Antipodin der feministischen Theologie, duellierte sich mit Alice Schwarzer in Talkshows. Heute kämpft sie dafür, dass auch Frauen zu der Bremer Traditionsveranstaltung „Schaffermahlzeit“ zugelassen werden.

Und als in der konservativ-evangelikalen und homophoben St.-Martini-Gemeinde, wo ihr Ehemann einst Pastor war, wieder mal eine Frau nicht auf die Kanzel durfte, da trat sie kurzerhand aus. Evangelikal? „Niemals“, sagt Motschmann, würde sie das für sich gelten lassen. MNZ