Der Präsident fliegt ein

Donald Trump besucht das von Hurrikan „Maria“ schwer beschädigte US-Territorium Puerto Rico, lobt sich selbst und belehrt die Einwohner

34 Menschen sind in Puerto Rico durch den Hurrikan „Maria“ ums Leben gekommen oder an seinen Folgen gestorben. Das gibt die Inselregierung am Dienstag (Ortszeit) bekannt – zwei Wochen, nachdem „Maria“ die Region in eine Trümmerlandschaft verwandelt hat und kurz bevor US-Präsident Donald Trump vier Stunden Zeit für die Insel findet.

Nachdem Trump die Lage der Puertorriqueños tagelang ignoriert und sie anschließend mit Tweets bedacht hat, in denen er sein Mitgefühl mit Vorurteilen – sie seien faul und warteten auf Hilfe von außen, anstatt selbst die Ärmel hochzukrempeln – mischte, bietet er den Insulanern am Dienstag einen eigenartigen Besuch. Die vier Stunden sind komplett auf die Produktion von Bildern und Worten ausgerichtet, die seine Rolle in der humanitären Krise auf dem US-Territorium mit 3,4 Millionen Einwohnern schönfärben sollen.

„Ihr hier könnt stolz sein“

In einem Moment wirft Trump in Plastik eingewickelte Haushaltspapierrollen in eine kleine Menschenmenge, die in einer Kirchengemeinde in San Juan auf Hilfsgüter wartet. 13 Tage nach dem Hurrikan sind viele Inselbewohner von Hunger, Durst und der nur tröpfelnd eintreffenden Hilfe vom Festland geschwächt. Die Anwesenden lachen den Präsidenten an, während er Papierrollen wirft. Aber viele auf der Insel empfinden die Szene als eine Zumutung. „Er ist gekommen, um uns zu erniedrigen“, sagt Maria Lourdes Gúzman, von der Movimiento Unión Soberanista.

Erst 7 Prozent der Insel-Bevölkerung haben da wieder Zugang zu Strom, nur einer von zehn Telefonanschlüssen funktioniert, erst 45 Prozent der Trinkwasserversorgung ist repariert und der Unterricht in den Schulen in den zerstörten Orten kann vermutlich erst in Monaten weitergehen.

Bei einer Pressekonferenz in San Juan sitzt Trump breitbeinig vor den Medien und klopft sich selbst auf die Schulter. Er lobt die „gute Arbeit“ der Katastrophenhelfer und den „großen Fortschritt hier“. Doch schon im nächsten Atemzug haut er den Puertorriqueños eine Relativierung um die Ohren: „Der Sturm ,Katrina‘, in New Orleans“, belehrt der Präsident den neben ihm sitzenden Gouverneur Ricardo Rosselló, „war eine echte Katastrophe mit Hunderten von Toten. Ihr hier könnt stolz sein, dass das nicht passiert ist.“

Für die nur 160 Kilometer entfernten Virgin Islands findet Trump keine Zeit. Drei Bischöfe – zwei Katholiken und ein Evangelikaler – von Puerto Rico und den Virgin Islands nutzen den Präsidentenbesuch, um auf eine Schuldenstreichung zu drängen. Puerto Rico sitzt auf einem Schuldenberg von mehr als 70 Milliarden Dollar. Die Austeritätspolitik, die Washington der Insel verordnet hat, schwächte ihre Infrastruktur, ihre Schulen und Krankenhäuser schon vor dem Hurrikan.

Wenn Puerto Rico jetzt weiter die Schulden abbezahlen müsste, wäre das für die Inselbewohner, von denen mehr als 40 Prozent unter der Armutsgrenze leben, nicht zu verkraften. Auch die Virgin Islands stehen tief in der Kreide. „Unsere Inseln können die Schulden nicht bezahlen“, schreiben die Bischöfe, „wir müssen uns auf den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung konzentrieren.“ Sie verlangen ein Zahlungsmoratorium und eine Schuldenstreichung oder zumindest eine Reduzierung auf ein bezahlbares Niveau.

Dorothea Hahn, New York