in der taz vor 16 jahren: Klaus Töpfer, die CDU und die Umweltpolitik
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Wenn von den Verlierern des Parteitags der CDU die Rede ist, wird ein Name leicht vergessen: Klaus Töpfer. Erst schickte die Versammlung ihren Umweltminister mit Höchststimmenzahl in den Bundesvorstand. Dann machte sie aus seinem „ökologischen Aufbruch“ eine geschwätzige Fußnote.

Jeden Versuch, die wortreichen Parolen des Leitantrags mit konkreten Handlungsanweisungen anzureichern oder gar eine differenziertere Position zur Atomenergie zu formulieren, stimmte die Versammlung gelangweilt nieder. Lebendig wurde die Diskussion erst, als es darum ging, mit der Flächenabgabe einen der wenigen praktischen Vorschläge zum Schutz der Natur aus dem Leitantrag zu kippen. Obwohl (oder weil?) Töpfer und einige Mitstreiter die Passage zur „Nagelprobe“ für die Glaubwürdigkeit des gesamten Papiers stilisierten, katapultierte die Mittelständler-Seilschaft den Punkt aus dem Antragsentwurf. Die Sorge um die Grundstückspreise für Industrie- und Häuslebauer wog bei der großen Mehrheit der Delegierten allemal schwerer als die Liebe zur Grünfläche.

Die Union hinkt der Sensibilisierung der Bevölkerung weiter hinterher. Das Bedürfnis nach ökonomischer Besitzstandssicherung gewinnt gegenüber ökologischen Ansprüchen noch allemal die Oberhand. Neu ist allein die Erkenntnis der führenden Unionspolitiker, daß ohne Zurschaustellung ökologischer Kompetenz Wahlen künftig nicht mehr zu gewinnen sind. Die Betonung liegt auf Zurschaustellung. Solange die Umwelt unspektakulär stirbt, könnte sich die Ankündigungspolitik sogar bezahlt machen. Nicht zufällig steht Töpfer als glaubwürdig besorgt dreinschauender Umweltmichel in der Gunst des Publikums weit vorn. Wenn von dem Parteitag überhaupt ein Signal ausging, dann dieses: Die Christdemokraten empfehlen sich denen als öko-politische Heimat, die sich umweltmäßig besorgt geben und meinen, es dabei bewenden lassen zu können. Gerd Rosenkranz (15. 9. 1989)