Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft

Union holt mit dem 3:1 gegen Fürth den vierten Sieg in Folge und zeigt eine spielerische Klasse, die viel Hoffnung auf Großes zulässt

Union ist wieder da und obenauf, ganz dicht an der Tabellenspitze. Da, wo sie vor Saisonstart schon von zehn Ligatrainern klar gesehen wurden

Von Gunnar Leue

Köpenick, Sonnabendmorgen halb elf. Die von den Spieltagsoptimierern der DFL veranlasste immer weitere Vorverlegung der Ansetzungen zeigt ihre unsportliche Seite. Das große Vorglühen beginnt nun auch bei Heimfans schon früh. Im Einkaufszentrum „Forum“ brummt der Barbetrieb, an der Union-Tanke sowieso und auch auf dem angrenzenden Weg an der Wuhle wird dem Alkohol gehuldigt. Freilich kunstvoll, irgendwie. Drei junge Kreative drapieren auf der Parkbank eine Spieltags-Deko, die sie via Handy unverzüglich ins virtuelle Nah und Fern verschicken, auf dass jeder weiß, was heute hier im Osten der Hauptstadt mal wieder abgeht. Das Schaubild: drei Pullen „Berliner Luft“, umkränzt von einem rot-weißen Union-Schal. Kleine Kunst fürs große Glück, Union live in der Alten Försterei, Bambule all day long.

Nach drei Siegen in Folge ist der vierte in selbstverständlicher Erwartung. Greuther Fürth, Angstgegner, na und. Union hat keine Angstgegner mehr, neuerdings. Steht sich höchstens selbst im Weg. Noch vor gar nicht langer Zeit lief es so: Es wurde abwechselnd gut gespielt und Mist gespielt und wenn Mist, dann wurde verloren. Union heute: Die Mannschaft spielt gut, schießt nur manchmal nicht genug Tore, um zu gewinnen. In Düsseldorf, in Nürnberg gut, in Sandhausen gab es einen Rückfall – richtig schlecht gespielt und verloren.

Doch dann die Siegesserie und nun die Fürther, die in dieser Saison von ihrem Angstgegnersein für irgendwen so weit weg sind wie das Frankenland von Köpenick. Nur eine kleine Schar Gästefans trägt zum „Ausverkauft“ des Stadions bei. Und was sie ab Anpfiff sehen, kann ihnen nicht gefallen, denn auch die Union-Spieler kommen mit viel Berliner Luft daher, überrennen das Fürther Team im Nu. Nach drei Minuten schlägt‘’s ein. Torschütze Peter Kurzweg, ausgerechnet, wie der Fußballphrasenliebhaber sagt. Nach langer Zeit durfte er mal wieder auflaufen, weil Pedersen ausfiel. Kurz drauf hätte eigentlich das Zweinull kommen müssen, denn die Rot-Weißen spielen wie von Sinnen, schöne Kombinationen, Riesentorchancen, aber der Chancentod lauert leider an der Strafraumecke. So ningelt sich das Spiel irgendwann ein wenig dahin, bis Akaki Gogia kurz vorm Halbzeitpfiff doch endlich das zweite Tor schießt.

Leider wirkt die Beruhigungspille nicht lange, denn nach der Pause machen plötzlich die Fürther Druck und erzielen den Anschluss, woraufhin die Unioner zeigen, dass sie eben doch auf dem Weg zum Lockerbleiben in kritischen Situationen ein gutes Stückchen vorangekommen sind. Unbeirrt wird wieder schön gespielt und von Simon Hedlund in der 76. Minute das klärende Tor gemacht. Direkt vor den Ultras auf der Waldseite, wo vermutlich auch die drei „Berliner Luft“-Freunde stehen, aber auch der Fanfreundeskreis „Pils-Piranhas“ am Zaun Flagge zeigt.

3:1, der vierte Sieg in Folge, was soll man sagen. Union ist wieder da und obenauf, ganz dicht an der Tabellenspitze. Da, wo sie vor Saisonstart schon von zehn Ligatrainern klar gesehen wurden. Aber so läuft das ja bekanntlich nicht in der Zweiten Liga, wo die Verhältnisse immer noch stark am Tanzen sind. Nach dem kleinen Hänger der Eisernen sind sie nun nicht gerade auferstanden aus Ruinen, aber endgültig doch der Zukunft zugewandt.

Union lebt, und Köpenick feiert! Und hat doch was zu meckern. Der Sohnemann nörgelt per SMS, dass der Großteil im Stadion bei eigener Führung, gutem Spiel und so einer Tabellenplatzierung nur halbherzig mitmache. So schlimm klang’s eigentlich nicht, aber Partystimmung definiert man auf der Waldseite halt anders als auf der Tribüne.