Xi Jinping wird der neue Mao Tse-tung

Chinas Kommunisten heben Staats- und Parteichef Xi Jinping in den Olymp ihrer großen Führer. Mit dem Abschluss des 19. Parteikongresses beginnt seine „neue Ära“

Xi Jinping gibt das Ab­stimmungsverhalten vor Foto: ap

Aus Peking Felix Lee

Xi Jinping ist unter die Götter von Chinas Kommunisten aufgestiegen. Bei ihrem nur alle fünf Jahre tagenden Parteikongress haben die 2.300 Delegierten zum Abschluss am Dienstag die Leitlinien des derzeitigen Staats- und Parteichefs offiziell in den Kanon der KP aufgenommen. Von nun an reden die Parteistatuten offiziell vom „Xi-Jinping-Denken“.

Damit wird der derzeitige Staats- und Parteichef auf die gleiche Stufe gehoben wie Staatsgründer Mao Tse-tung und Reformer Deng Xiaoping. Die Leitlinien dieser beiden Männer müssen die Kader in offiziellen Parteireden immer wieder aufzählen. Jetzt gehören auch „Xi Jinpings Gedanken zum Sozialismus nach chinesischem Muster“ dazu. Sie sollen als „Leuchtturm“ für die Arbeit der 89 Millionen Parteimitglieder dienen, heißt es im einstimmig gefassten Beschluss.

Als zentralen Baustein hebt Xi in seiner Doktrin „den moderaten Wohlstand in einer modernen chinesischen Gesellschaft“ hervor. In der Abschlussrede des Parteikongresses sprach Xi am Dienstag zudem von der „Verwirklichung des chinesischen Traums“. Er strebe ein wirtschaftlich und militärisch starkes China an, das eine größere Rolle in der Welt spielen soll.

Was das im Einzelnen heißt, führte Xi nicht aus. Experten sehen darin denn auch bloß den Versuch, seine praxisorientierte Politik zur Blaupause einer Theo­rie zu machen. „Xi überhöht auf diese Weise das, was er in den vergangenen Jahren ohnehin gemacht hat, zu einer Ideologie“, sagt der Hongkonger Politikwissenschaftler Harry Wu. Xi propagiere nichts anderes als die absolute Vorherrschaft der KP über Wirtschaft, Politik und Militär.

Nach dem „großen Steuermann“ Mao Tse-tung und dem wirtschaftlichen Reformarchitekten Deng Xiaoping ist Xi erst der dritte Parteiführer, den die Staturen namentlich erwähnen. Xis unmittelbaren beiden Vorgängern blieb diese Ehre verwehrt. Schon ist von einem „neuen Mao“ die Rede – was die Rückkehr zu den düsteren Zeiten der Kulturrevolution suggeriert, als Zehntausende wegen angeblicher ideologischer Untreue an den Pranger gestellt wurden.

Doch dieser Vergleich hinkt. Mao war ein überzeugter Kommunist, der die Lehren von Marx und Lenin stark verinnerlicht und weiterentwickelt hatte. Er setzte nicht nur auf die Zwangskollektivierung aller Betriebe, sondern wollte selbst Familien in Kommunen auflösen. Von einer solchen Ideologie ist Xi weit entfernt. Auch wenn Xi Chinas mächtige Staatsunternehmen erhalten will, hält er im Prinzip am Kurs der marktwirtschaftlichen Öffnung fest und sieht China im „Zentrum einer globalisierten Welt“. Für ihn ist die KP vor allem ein Herrschaftsinstrument.

Was Xi denn sowohl von Mao als auch von Deng unterscheidet, sind seine außenpolitischen Ambitionen. Deng hatte auf Zurückhaltung und eine Politik der Nichteinmischung gesetzt, Mao schottete sein Land gar komplett ab. Xi hingegen spricht unverhohlen vom Aufstieg seines Landes zu alter Größe. Chinas Einfluss soll rund um den Erdball reichen: „Wir sind wieder wer!“

Am Mittwoch tritt das neue Zentralkomitee zusammen. Es wird Xi für weitere fünf Jahre im Amt des Generalsekretärs bestätigen. Zudem wird es das neue 24-köpfige Politbüro besetzen sowie den wahrscheinlich siebenköpfigen Ständigen Ausschuss, das eigentliche Machtzentrum von Partei und Staat. Auch dabei wird damit gerechnet, dass alle Posten mit Xis Verbündeten besetzt werden. „Wir feiern die Ära von Xi Jinping“, jubelt der Staatssender CCTV.