Heike Holdinghausen über Produktionsbedingungen im Ausland
: Bündnisse allein helfen nicht

Sollten wir doch mal eine neue Regierung bekommen, haben die MinisterInnen für Entwicklung, Justiz, Wirtschaft und Verbraucherschutz eine große Aufgabe: Sie müssen endlich dafür sorgen, dass die in unseren Läden angebotenen Konsumgüter zu Bedingungen hergestellt werden, die auch hierzulande akzeptabel wären.

Es ist ein alltäglicher Skandal, dass all die Puppen, T-Shirts, Lackschuhe, Computer und Stühle auf eine Art und Weise produziert werden, die in deutschen Fabriken zum Teil schon vor hundert Jahren verboten wurden. Menschenrechts- und Umweltorganisationen weisen seit Jahrzehnten vergeblich auf diesen Missstand hin. Nur wenige Verbraucher versuchen, nachhaltig zu konsumieren – was im Übrigen gar nicht so einfach ist, weil der Preis einer Ware wenig über ihre Herkunft verrät. Eine kritische Masse, die die Industrie wirklich dazu bringen könnte, für bessere Bedingungen an ihren Produktionsstätten zu sorgen, bilden sie bisher nicht.

In der Textilbranche gab es diesen einen Moment vor viereinhalb Jahren, als in Bangladesch eine Fabrik einstürzte und über tausend Menschen starben. Da war die Aufmerksamkeit der Käufer so groß, dass Händler und Hersteller Kratzer am teuer errichteten Markenimage und damit Umsatzeinbußen fürchteten. Plötzlich war Bewegung möglich.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) reagierte: Er lehnte gesetzliche Vorgaben ab und gründete stattdessen das „Textilbündnis“, in dem Regierung, Gewerkschaften, Organisationen, Verbände und Unternehmen zäh um Standards rangen. Ob daraus wirklich etwas Nachhaltiges wird, ist immer noch nicht absehbar.

Doch selbst wenn: Will der Entwicklungsminister danach ein Spielzeugbündnis auflegen? Ein Möbel-, Elektronik- und Autoteilebündnis? Das übersteigt die Kapazitäten der Akteure. Die Regierung wird die im Textilbündnis erreichten Standards anderen Branchen vorschreiben müssen. Wieso das einfacher durchsetzbar sein soll als ein Gesetz, ist wenig plausibel.

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