Lehrkräfte fühlen sich überlastet

Bremens Grundschullehrer*innen arbeiten zu viel und unter zu schlechten Bedingungen, belegt das Institut für interdisziplinäre Schulforschung und fordert eine den Aufgaben angepasste materielle Ausstattung

Von Benno Schirrmeister

Deutlich mehr Zeit, als laut der Bundesarbeitszeitrichtlinie erlaubt, müssen Bremer Grundschullehrkräfte aufwenden, um ihren Job ordnungsgemäß zu erledigen. Zu diesem Ergebnis kommt die „Forschungsgruppe LehrerInnenbelastung“ des Instituts für interdisziplinäre Schulforschung durch einen Abgleich der in Landesgesetzen und senatorischen Erlassen vorgegebenen Aufgaben mit dem minimalen für sie benötigten Zeitaufwand.

„Wir sind uns bewusst, dass Schulleitungen und Lehrkräfte im Grundschulbereich am Limit sind“, räumte Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) ein und stellte in Aussicht, dass Behörde und Schulleitungen gemeinsam an Verbesserungsmöglichkeiten arbeiten würden. Den Autoren der Studie zufolge steuert Bremen momentan geradewegs in Richtung einer „personalwirtschaftlichen und somit auch pädagogischen Katastrophe“, warnt die Forschungsgruppe. Die Grundschulen seien nämlich „sowohl zeitlich, organisatorisch wie inhaltlich eindeutig überlastet“.

Entsprechend sei künftig dafür zu sorgen, politisch gewollte Vorhaben nur dann einzuführen, „wenn sie materiell auch abgesichert sind“. Inhaltlich laufe es nämlich auf Täuschung hinaus, die Schulen mit „Ideen zu überziehen, ohne darauf zu achten, welche Potenziale für ihre Umsetzung real erforderlich sind“. Konkret weisen die Studienautoren dabei auf die gesellschaftlichen Herausforderungen durch Inklusion, soziale Spaltung und Digitalisierung hin.

Neben der objektivierbaren Arbeits-Anforderung übers gesetzliche Maß hinaus seien die Lehrkräfte oft erheblichem psychischem Stress ausgesetzt. Den hat das IFS in einer zugleich durchgeführten, nicht-repräsentativen Befragung zu ermitteln versucht: So empfinden viele den Komplex der Leistungsmessung als außerordentlich belastend.

Viel psychische Energie verschlingt demnach auch die Auseinandersetzung mit einzelnen auffälligen Schüler*innen einschließlich deren dramatischer familiärer Situation: Von den Befragten empfanden 82 Prozent die Auffälligkeiten einzelner Kinder als „besonders belastend“.

Hinzu kommen großer Lärm in oft nicht oder unzureichend schallgedämpften Räumen und fehlende Anerkennung der pädagogischen Arbeit durch die Bildungsbehörde. Das ist umso bedenklicher, als dass die befragten Lehrkräfte nicht mit ihrer Berufswahl hadern. Im Gegenteil: 84 Prozent von ihnen sehen die Arbeit mit den Schüler*innen als „wesentliche Quelle für Spaß, Freude und Zufriedenheit“.

„Die Lehrkräfte in den Grundschulen sind hoch engagiert und leisten Enormes“, bestätigte die Senatorin auf Nachfrage. Sie wertschätze den Einsatz der Lehrkräfte sehr, versicherte sie, und betone deshalb auch immer wieder, wie wichtig die gute Grundlagen in Kita und Grundschulen für den Bildungsweg seien.

„Wir müssen uns alle an die Nase fassen, um die Situation zu verbessern“, so Bogedan, „Bildungsbehörde, Politik und auch die Schulleitungen.“ Tatsächlich sei der bürokratische Aufwand „sehr hoch“, es sei aber klar, „dass es Stellschrauben gibt, ihn zu verringern“.