Freunde von Freunden
von Freunden

Die Konzertreihe Weeeirdos gibt seit dem Sommer Underground-Live-Acts aus der Expat-Community eine Bühne. Inzwischen hat sich das Programm auch auf Partys und Ausstellungen ausgeweitet

Oft ist es sogar so,dass man noch nicht einmal etwas kennt, was so ähnlich klingt

Von Beate Scheder

Die schrägen Typen waren zuerst da. Noch bevor Danielle Rahal anfing, Konzerte und Partys unter diesem Namen zu organisieren, gab es die Weeeirdos schon als schnell gezeichnete Figuren mit Schlafzimmerblick und Tränensäcken, mit langgezogenen Nasen und geschürzten Mündern. Damals waren sie nur ein Kunstprojekt der Illustratorin, eine Serie an Zeichnungen, die zu ihrem Markenzeichen geworden waren. Heute zieren sie die Poster und Flyer für die Veranstaltungen der Reihe, jedes Mal sehen sie ein bisschen anders aus, immer ziemlich verschroben. Genauso ist es auch mit den Konzerten. Als Gast weiß man nie so wirklich, was einen bei Weeeirdos erwartet, kennen wird man die meisten Bands und Soloacts vorher nicht, und oft ist es sogar so, dass man noch nicht einmal etwas kennt, was so ähnlich klingt.

Auch Veranstalterin Rahal selbst tut sich schwer damit, zu beschreiben, wie sie ihre Auswahl trifft. Stattdessen erzählt sie davon, wie schnell ihr langweilig werde und sie deshalb immer auf der Suche nach etwas Neuem sei. Rahal ist gebürtige Kalifornierin und lebte, bevor sie vor gut drei Jahren nach Berlin zog, in Manchester. Erst im Juli dieses Jahres brachte sie ihr erstes Konzert im Neuköllner Club Internet Explorer über die Bühne. Ihr Plan war das nie gewesen, doch weil sie gerne ausging, lernte sie immer mehr Leute aus der Musikszene kennen und bekam das Gefühl, dass etwas fehlte: eine Konzertreihe für lokale Künstler_innen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, noch nicht etabliert sind, noch nicht viele Fans haben und vielleicht auch keine Ahnung haben, wie man es anstellen muss, um einen Gig zu bekommen. „Es gibt so viele Leute in Berlin, vor allem auch in der Expat-Community, die etwas Kreatives machen, aber kaum jemand, der organisiert genug ist, sie zusammenzubringen“, sagt Rahal.

Für das erste Weeeirdos-Konzert im Internet Explorer, das damals noch nicht unter diesem Namen lief, holte sie den Pariser Musiker und Performancekünstler City Dragon nach Neukölln und ließ ihn gemeinsam mit Gerd Deigger/ Butterfingrz, A Tribute to February Montaine und Florian T M Zeisig auftreten, allesamt aus Berlin und aus Rahals engerem und weiterem Freundeskreis. Letzterer holte außerdem noch während seines Sets einen Freund auf die Bühne, der eine Pause mit Standup-Comedy überbrückte. Andere Veranstalter hätte diese Spontaneinlage vielleicht irritiert. Rahal freute sich darüber: „Ich mache Weeeirdos in erster Linie für die Künstler_innen. Wenn sie Spaß haben, habe ich auch Spaß.“

Inzwischen passiert es sogar, dass Künstler_innen sie anschreiben, um sich ihr vorzustellen. Die meisten findet Rahal aber weiterhin über persönliche Empfehlungen oder weil sie sie selbst kennengelernt hat, irgendwo im Nachtleben Berlins. So ist es auch bei den Weeeir­dos Raves, die in unregelmäßigen Abständen stattfinden. Und auch auf die beiden Acts des nächsten Weeeir­dos-Konzerts, das am Freitag im Acud Macht Neu in Mitte stattfindet, wurde Rahal über gemeinsame Bekannte aufmerksam. Rapperin Rachel de la Torre aka R&R, die sich in ihren Texten Themen wie Bodypositivity und Sexarbeit annimmt, machte Rahal beispielsweise ausfindig, als sie in ihrem Freundeskreis herumfragte, ob jemand eine Künstlerin kenne, die zu Weeeirdos passe. Zu jener Zeit hatte sie einen Überhang an männlichen Acts auf ihrer Liste. „Ich habe damals wirklich jeden angeschrieben, den ich kenne. Dann hat mir eine Freundin aus Leipzig R&R vorgeschlagen“, erzählt sie und wie begeistert sie gleich von der Vorstellung war, diese Musik nach Berlin zu holen. R&R ist jetzt schon das zweite Mal bei Weeeirdos dabei, erstmals performte sie dort im August, damals noch unter dem einprägsamen Namen Lamb Kebab. Obwohl es eigentlich Rahals Spezialität ist, Genres wild durcheinander zu kombinieren, gehört der kommende Freitag ganz dem HipHop, aber immerhin ziemlich speziellem. So wie sich die Beschreibung liest, lohnt sich der Auftritt von Karma She, dem Alter Ego der Tel Aviver Künstlerin Carmel Michaeli, ganz gewiss: Karma She mixe HipHop-Kultur mit einer neuen Form von Spiritualität, heißt es dort, sie ließe nicht nur Rap, Electro-Pop und Dancehall-Beats mit einer bezaubernden Stimme verschmelzen, sondern kreiere als orientalische Hexe auch psychedelische Performances.

Gleich am Sonntag danach findet außerdem die Premiere einer neuen Reihe statt, die Rahal monatlich in der neuen Kreuzberger Pop-up-Galerie Paradiso gemeinsam mit dem Musiker Broshuda kuratiert. Bei der eintägigen Ausstellung kann man Kunst ansehen und kaufen; nebenbei läuft Ambient-Musik. „Cloth“ nennt sich die temporäre Galerie, bei der es Rahal und Broshuda mit der Kunst ähnlich wie mit der Musik bei Weeeirdos halten: Vertreten in der ersten Ausgabe sind Arbeiten von Freunden, von Freunden von Freunden und von Freunden von Freunden von Freunden.

Damit aber nicht genug, sogar eine dritte Weeeirdos-Veranstaltung steht in dieser Woche noch an: Am Mittwoch treten das Londoner Duo Love Supræme gemeinsam mit Ken Chic und Shybits aus Berlin im Loophole auf.

Die nächsten Weeeirdos-Termine

Karma She Foto: Foto:Sander Dekker

Bevor Danielle Rahal Events unter diesem Namen organisierte, gab es „Weeeirdos“-Illustrationen, die zum Markenzeichen wurden. Die Konzerte finden in der Regel im Acud, Internet Explorer oder Loophole statt. Die Raves meist im Modular+ Space im Greenhouse. Die Ausstellung „Cloth Vol 1“ zeigt u.a. Projektionen, Drucke, Fotografie und Malerei.

Weeeirdos w/ Karma She, R&R, Lucy X, SH SE: Acud, Veteranenstraße 21, 8. 12., 21.30 Uhr

Ausstellung Cloth Vol 1 mit Ambient-Musik, Paradiso, Oppelner Str. 37, 10. 12., 13 Uhr

Weeeirdos w/ Love Supræme, Ken Chic, Shybits + Music to die to: Loophole, Boddinstr. 60, 13. 12., 20 Uhr