Attention please

Beim Hören des neuen Albums von Martyn Heyne kann man sich wirklich ganz und gar in Kontemplation üben. Neun minimalistische Stücke hat der aus Hamburg stammende Pianist und Gitarrist auf „Electric Intervals“ versammelt, dabei handelt es sich durch die Bank um fein ausgearbeitete, tiefe Kompositionen, die sehr aufmerksam zu hören lohnt.

Denn Heyne, der seit einigen Jahren in Berlin lebt, setzt Variation und Repetition hervorragend ein. Grundlage sind leise, zurückhaltende Gitarren- und Klaviermotive – die Tonfolgen werden dabei oft in verschiedenen Tonlagen variiert. Manchmal bleibt er auch bei einer Tonlage hängen und ein Grundmotiv wiederholt sich wie ein Loop. Das Tempo ist in den meisten Stücken sehr langsam, am Eindrucksvollsten sind melancholische Stücke wie „Patina“, „2400“ oder „Wilde Wide“. Der Dramaturgie des Albums tut es gut, dass Heyne auch fast rockige, schnellere Stücke wie „Come on“ einstreut. „Electric Intervals“ passt sehr gut zu einem Winterabend am Kamin oder mit Kerzenlicht.

Sehr gespannt durfte man sein auf die Zusammenarbeit von Alex Stolze, Anne Müller und Sebastian Reynolds, die alle schon in anderen spannenden Kontexten aufgetaucht sind – Müller war Cellistin bei Agnes Obel und arbeitete mit Nils Frahm zusammen, Stolze war Teil des Duos Bodi Bill und spielt bei Dictaphone, Reynolds trat beim Ensemble Keyboard Choir in Erscheinung.

Als Solo Collective (also quasi allein zu vielen) pendeln sie sich nun zwischen Klassik, Neoklassik und Ambient ein. Sechs sehr unterschiedliche Stücke sind entstanden. Während die von Stolze und Müller gemeinsam geschriebenen Tracks wie eine Mischung aus Kammer-Pop und Klassik klingen, hat „Silbersee“ (Müller) mehr Ausschläge in Richtung Ambient, „Holy Island“ ist dagegen getragener und orchestraler.

„Ascension“ (Reynolds) hat wiederum eine ganz andere Klangfarbe, baut sich sehr, sehr langsam auf, basiert auf Synthesizern und Streichern und kommt ohne Beat aus. Auch hier handelt es sich nicht um ein Album zum Nebenbeihören, sondern um eines, das volle Aufmerksamkeit verlangt – und dem man gerne Aufmerksamkeit schenkt.

Jens Uthoff

Martyn Heyne: „Electric Intervals“ (7K!/ Indigo) | Solo Collective: ,,Part One“ (NoNoStar / Finetunes/GoodToGo)