Waffen schweigen nicht

SYRIEN Die Feuerpause zum Opferfest scheitert gleich zu Beginn. Nach Großdemonstrationen geht Gewalt von beiden Seiten weiter

DAMASKUS/BEIRUT rtr/dpa/afp Ungeachtet einer vom UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi vermittelten und von Syriens Regierung sowie Teilen der Rebellen bestätigten viertägigen Waffenruhe zum muslimischen Opferfest haben sich Armee und Aufständische in Syrien auch am Freitag heftige Gefechte geliefert. Der Oberkommandeur der Freien Syrischen Armee (FSA), General Mustafa al-Scheich, sagte gegenüber AFP per Telefon aus der Türkei, in mehreren Regionen hätten Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen.

Die Hoffnung auf Waffenruhe nutzend, waren Regierungsgegner nach dem Freitagsgebet landesweit zu den seit Monaten größten Kundgebungen gegen das Assad-Regime auf die Straße gegangen. Im Staatsfernsehen wurde Präsident Baschar al-Assad beim Gebet in einer Moschee in Damaskus gezeigt.

Aufständische berichteten von einem Schusswechsel mit drei Toten in einem Vorort der Hauptstadt Damaskus. Zuvor hatte die oppositionelle Beobachterstelle für Menschenrechte berichtet, Rebellen versuchten weiter, den strategisch wichtigen Militärstützpunkt Wadi al-Deif zu stürmen. Die Armee habe ihrerseits ein Dorf in der Nähe beschossen. In einem belagerten Viertel von Homs seien sechs Raketen eingeschlagen. Ein Reuters-Reporter in der türkischen Grenzstadt Besaslan berichtete von Maschinengewehrfeuer und Granateinschlägen im nahen syrischen Ort Haram.

„Hier feiert niemand das Opferfest“, sagte eine Frau in einer belagerten syrischen Stadt nahe der Grenze. „Wir sind alle nur froh, dass wir am Leben sind.“ An Kontrollposten nahe Tel Kelach an der Grenze zum Libanon kam es ebenfalls zu Schusswechseln.

Am Abend meldete die Opposition, elf Regierungssoldaten seien bei der Explosion einer Autobombe im südsyrischen Ort Daraa verletzt worden. Kurz zuvor explodierte vor einer Moschee im Süden von Damaskus eine Autobombe, die nach Angaben von Oppositionsaktivisten „Dutzende“ Tote und Verletzte forderte und zahlreiche Häuser zerstörte. Das Staatsfernsehen meldete 5 Tote und 32 Verletzte, die amtliche Nachrichtenagentur Sana sprach von einem „Terroranschlag“.

Die Gesamtbilanz des Freitags war dennoch deutlich weniger blutig als die 140 Toten vom Donnerstag. Das Opferfest markiert das Ende der Hadsch-Wallfahrt nach Mekka, an der in diesem Jahr etwa drei Millionen Menschen aus fast 190 Staaten teilnehmen. Der Imam der Heiligen Moschee in Mekka, Scheich Saleh Mohammed al-Taleb, forderte in seiner Predigt „konkrete und dringende“ Schritte, um das Blutvergießen in Syrien zu beenden. „Die Welt sollte die Verantwortung übernehmen für diese anhaltende und schmerzhafte Katastrophe“, sagte er. „Die Verantwortung ist größer für die Araber und Muslime, die sich gegenseitig aufrufen sollten, den Unterdrückten gegen den Unterdrücker zu helfen.“