Neue Karte, kein Kredit

TAZ CAFÉ Mit den neuen Essenskarten stirbt das Dispo

Eine der ersten Lektionen, die man lernt, wenn man zur taz kommt: Immer auf Kredit leben. Nicht im richtigen Leben, aber wenigstens im taz Café. Bislang erhielten alle MitarbeiterInnen eine Karte, mit der sie vergünstigt im Café essen konnten.

Das besonders Liebenswerte an dieser Karte war, dass man sie um zwanzig Euro überziehen konnte. Vermutlich hat daher auch ein Großteil der taz-Belegschaft, deren Anzahl bis heute ungeklärt ist, zufrieden auf Kredit gelebt – aufgeladen wurde nur, wenn das Limit fast erreicht war oder die Bedienung einem – charmant – verkündete, dass das Minus zu hoch für noch einen Espresso war.

Zugegeben, das verhinderte den reibungslosen Ablauf. Vielleicht hat diese Tatsache auch dazu geführt, dass man das seit dem 8. Oktober nicht mehr darf. Die alte, geliebte Karte, rot auf der einen Seite und schwarz auf der anderen, wurde eingetauscht. Gegen eine Karte mit neuem Design, ebenfalls rot und schwarz, aber mit einer Karikatur von Tom. Zu sehen ist ein Koch mit einem Beil, der einen Menschen am Bein hinter sich herschleift. Zudem gibt es auf Wunsch der WerbegrafikerInnen gut fünfzig Sonderkarten, auf denen das legendäre Foto der nackten HausbesetzerInnen abgebildet ist, die 1990 den Redaktionstisch der taz klauten.

Ob Toms Karikatur auf unser Arbeitsklima anspielen soll, bleibt Spekulation. Fest steht: Mit der neuen Karte gibt es keinen Kredit. Das Unternehmensrisiko wird abgewälzt auf die ArbeitnehmerInnen, die nun keine Kreditnehmer, sondern Kreditgeber sind. Das zumindest konnten zuvor nur wenige hier von sich behaupten. JASMIN KALARICKAL