Václav Klaus unterzeichnet EU-Vertrag

TSCHECHIEN Lissabon-Vertrag steht im Einklang mit der Verfassung, sagt das oberste Gericht. Vertragsgegner erwägen noch weitere Klagen, Reform der EU könnte aber schon Anfang Dezember in Kraft treten

PRAG taz | Der Weg für das Inkrafttreten des EU-Reformvertrags von Lissabon ist frei: Nach monatelangem Zögern und Verhandeln setzte der tschechische Staatschef Václav Klaus am Dienstag seine Unterschrift unter den EU-Vertrag von Lissabon. Wenige Stunden zuvor hatte das tschechische Verfassungsgericht in Brünn (Brno) eine Klage gegen den Vertrag abgewiesen. Sollte es am Dienstagvormittag quer durch Europa kräftig gedonnert haben, so war das der Stein, der sämtlichen proeuropäisch angehauchten Politikern vom Herzen gefallen ist. Das tschechische Verfassungsgericht entschied, dass der Lissabon-Vertrag sehr wohl im Einklang mit der tschechischen Verfassung steht. Damit wurde die letzte Hürde genommen, die einer Ratifizierung des Vertrags im Weg stand.

Die Erleichterung stand vielen tschechischen Politikern im Gesicht geschrieben. „Ich liebe das Verfassungsgericht und werde ihm bis zu meinem Tod dienen“, lachte der Chef der Grünen, Ondřej Liška. Trockener reagierte Ministerpräsident Jan Fischer: „Das letzte Hindernis ist bewältigt, einer Vollendung der Ratifizierung steht nichts mehr im Wege.“ Exaußenminister Karl Schwarzenberg beschwor einen Imagewandel der Tschechen in Brüssel herauf: „Jetzt, wo diese unendliche Peinlichkeit zum Ende kommt, haben wir die Möglichkeit, uns voll in die Arbeit in Europa einzubinden, unser Image zu verbessern und ein erfolgreiches und geachtetes Mitglied der EU zu werden.“

Wenn sich Schwarzenberg mal nur nicht zu früh freut: Der Richterspruch war noch nicht verklungen, da holten die Lissabon-Gegner schon zum Gegenschlag aus. „Wir erwägen, uns beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu beschweren“, sagte Senator Jiří Oberpfälzer, der den Einklang zwischen tschechischer Verfassung und Lissabon-Vertrag beim Verfassungsgericht angezweifelt hatte. Straßburg könne ja nachprüfen, ob das Verfassungsgericht in einem gerechten Prozess zu seinem Urteil gelangt sei. „Ich würde das so versuchen“, sagte Oberpfälzer hartnäckig.

Staatspräsident Václav Klaus hatte im Vorfeld der Unterzeichnung mit der Ausnahme Tschechiens von der europäischen Menschenrechtscharta einen Teilsieg errungen. Das soll Tschechien vor eventuellen Restitutionsforderungen vertriebener Deutscher schützen. Am Nachmittag unterschrieb er den Lissabon-Vertrag, wie das Präsidialamt mitteilte. SASCHA MOSTYN

Meinung + Diskussion SEITE 12