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Aus der Not geboren

Die Stadtgärten auf Kuba erzählen eine erstaunliche Erfolgsgeschichte

„Organopónicos“ – mit diesem eigentümlichen Begriff werden auf Kuba Stadtgärten bezeichnet. Und diese sind eine der wenigen kubanischen Erfolgsgeschichten der letzten Jahre: 2015 sollen bis zu zwei Drittel des in Havanna verzehrten Gemüses von solchen Stadtgärten und am Rande der Stadt gelegenen Kooperativen produziert worden sein, und das auch noch nach biologischen Kriterien. Etwa inmitten der riesigen Plattenbausiedlung Alamar vor den Toren von Kubas Hauptstadt. Dort werden nicht nur Mangos, Ananas und Papayas, Rote Bete, Mangold und Kohl für den Eigengebrauch und zum Verkauf angepflanzt, sondern auch eigenes Saatgut gezogen.

Geboren wurden diese Stadtgärten aus der Not. Ausgangspunkt war die Periode nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, die in Kuba „Sonderperiode zu Friedenszeiten“ genannt wird. Als die Bruderhilfe aus der Sowjetunion wegfiel, brach die Wirtschaft zusammen. Die 1993 von der kubanischen Regierung erlaubte und von der Deutschen Welthungerhilfe unterstützte Nutzung brachliegender Flächen ohne den Einsatz teurer Düngemittel erwies sich als ebenso billige wie nachhaltige Alternative bei der Versorgung.

Im Sommer 2017 erklärte die Regierung Kubas, die Investitionen in die urbane Landwirtschaft künftig zu erhöhen – bis zum Jahr 2020 sollen mehr als 96 Millionen US-Dollar in entsprechende Projekte gesteckt werden, um bestehende „Organopónicos“ neu herzurichten und technisch zu erweitern. So sollen jährlich 1,2 Millionen Tonnen Lebensmittel auf einer Fläche von 10.000 Hektar produziert werden. Angesichts notorisch knapper staatlicher Kassen werden dabei 80 Prozent der Projekte durch internationale Kredite finanziert.

Allerdings weisen unabhängige Beobachter darauf hin, dass solche Gärten nur in den Städten eine Nische gefunden und überlebt haben, während mit der Erholung der gesamten Wirtschaft das agroindustrielle Modell auf dem Land auch in Kuba wieder die Oberhand gewonnen hat. Laut der Bürgervereinigung Observatorio Crítico Cubano wachsen etwa die Anbauflächen des vom Militär kontrollierten Unternehmens CubaSoy – und dort werden gentechnisch veränderte Samen für die Erzeugung von Soja benutzt, das als Tierfutter verwendet wird. OS