WEDDINGGÄNGE
: Jenny und Arafat

„Ich heiße Dschihad“, verkündete er stolz

Eine neue Bekanntschaft zu machen ist ja in der Regel etwas Nettes. Kommt man doch zumindest für einen Moment aus den Vorhersehbarkeiten des gut geprobten Alltags hinaus. Er hatte sich bereits ein-, zweimal an uns vorbeigeschlichen, zog die Kreise dann enger, bis er direkt vor mir stand. Einen kleinen Plastikeimer, randvoll mit einem gefährlich schwappendem Sand-Wasser-Gemisch, hielt er vor meine Nase. „Matschepampe!“, verkündete er stolz und: „Ich heiße Dschihad.“ Ich erwiderte die Höflichkeit und machte mich bekannt, doch mein Name löste bei ihm offenbar Befremden aus. Der Steppke zog mit seinem Eimer von dannen.

Wir rasteten dann noch ein wenig auf einer Bank. Froh, einen raren Sonnenfleck erwischt zu haben. Jemand hatte sich mit Edding auf der Bank verewigt. „Jenny + Arafat“ stand da. Meine österreichische Begleitung stimmte sogleich ein Lied der Gruppe Deutsch-Österreichisches Feingefühl an, das ich hier lieber nicht wiederholen möchte.

Ich stelle mir lieber vor, dass Arafat der große Bruder von Dschihad ist. Anstatt auf die lästige Rotzgöre aufzupassen, sitzt er, hoffnungslos verliebt, auf der Parkbank und kritzelt. Sonst hat er ja niemandem, dem er seine Gefühle anvertrauen kann. Dschihad interessiert sich eh nur für Matschepampe. Oder ob es Jenny war? Vielleicht hat sie versucht, eine Liebe herbeizukrakeln, die es noch gar nicht gibt.

Schön ist es allemal, seinen Bezirk zu lesen. Neulich hatte jemand eine Halskette verloren und plakatiert, dass eine große Belohnung auf den Finder warte. Als Dreingabe zum Geld wurde ein Autogramm von Angela Merkel geboten. Auf einem anderen Plakat konnte man von einem Wellensittich lesen, der auf der Straße gefunden wurde und sein Heim vermisst. Ich hoffe, der Wellensittich gehört Jenny und wartet nun artig bei Arafat im Jugendzimmer, bis sie sich endlich meldet. KIRSTEN REINHARDT