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: USA beenden Handelsstreit mit EU – vorerst

Donald Trump bläst Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa in letzter Minute ab. Der Exportüberschuss des alten Kontinents ärgert den US-Präsidenten aber weiter

Das Neue

US-Präsident Donald Trump macht offenbar in letzter Minute einen Rückzieher: Vorerst wird es keine Zölle auf Stahl und Aluminium geben, die EU-Unternehmen in die USA verschiffen. Das sagte Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer am Donnerstag vor einem Ausschuss des US-Senats. Unter der Woche waren erst Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und dann EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nach Washington gereist, um die US-Regierung zu überzeugen, dass neu eingeführte Zölle zwischen 10 und 25 Prozent für einen engen Handelspartner wie die EU keine gute Idee sind. Trump persönlich hatte sich bis Redaktionsschluss noch nicht zu seinem Kurswechsel geäußert.

Der Kontext

Schon oft hat der US-Präsident von Zöllen zum Schutz der heimischen Industrie gesprochen und die aus seiner Sicht unfairen Regeln des Welthandels gegeißelt. Anfang März hatte er erstmals konkret angekündigt, mit Zöllen auf ausländische Importe der heimischen Stahlindustrie helfen zu wollen. Die darbt, wie die gesamte Branche, unter einer globalen Überproduktion, die auch regelmäßig Thema auf G20-Gipfeln ist. Trump nannte auch das Thema nationale Sicherheit, wichtige Komponenten für die US-Rüstungsindustrie sollten wieder im eigenen Land hergestellt werden. Die EU und die USA erheben zwar gegenseitig Zölle auf zahlreiche Produkte. Allerdings steht dahinter ein fein ausbalanciertes System mit festen Regeln, die in jahrzehntelangen Verhandlungen etwa im Rahmen der Welthandelsorganisation erarbeitet worden sind. Weil Trump die Zölle ohne Rücksicht auf diese Regeln erhoben hat, drohten die EU und Länder wie Kanada mit Gegenmaßnahmen. Obwohl die Zölle nur 1,5 Prozent des transatlantischen Handels betroffen hätten und unmittelbar zu wenig ökonomischen Auswirkungen geführt hätten, fürchteten Beobachter eine Eskalationsspirale.

Die Reaktionen

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte bereits vor Trumps Rückzieher die Geschlossenheit der EU im Stahlstreit mit den USA. „Europa hat sich hier gemeinsam präsentiert, was gut ist“, sagte sie zu Beginn des am Freitag zu Ende gehenden EU-Gipfels. Damit habe die EU ein Bekenntnis für Freihandel und gegen Protektionismus abgegeben. Nun müsse man abwarten, was das Ergebnis der Verhandlungen mit den USA sein werde.

Die Konsequenz

Mehr als eine Atempause dürfte Trumps Einlenken nicht sein. Denn nach wie vor führen die USA we­sentlich mehr Güter ins Land ein, als sie selbst auf den Weltmärkten verkaufen – das Minus betrug 2017 etwa 566 Milliarden Dollar, 151 entfallen auf die EU, 375 Milliarden auf China. Besonders auf die Volksrepublik hat es Trump weiter abgesehen. Hier sollen am Freitag Zölle auf Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar in Kraft treten. Angesichts der Obsession von Trump, die US-Handelsbilanz zu verbessern, dürfte bald die nächste Runde im Handelsstreit folgen.

Ingo Arzt