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: EU und USA schmeißen russische Diplomaten raus

Laut EU-Vertretern steckt Russland „höchstwahrscheinlich“ hinter dem Giftangriff auf einen Ex-Spion in England. Zur Strafe müssen Botschaftsmitarbeiter ausreisen. Moskau reagiert

Das Neue

Deutschland und mehrere andere westliche Staaten weisen in einer koordinierten Aktion russische Diplomaten aus. Das Auswärtige Amt hat am Montag vier russische Diplomaten aufgefordert, das Land innerhalb einer Woche zu verlassen. Die Ukraine weist 13, die USA weisen 60 Botschafts- und Konsulatsmitarbeiter aus; auch Kanada reagiert. Frankreich, Tschechien und elf weitere EU-Staaten beteiligen sich ebenfalls. EU-Ratspräsident Donald Tusk begründete den Schritt mit dem Nervengiftangriff auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in England. Es sei „höchstwahrscheinlich, dass die russische Föderation dafür verantwortlich ist“. Der deutsche Außenminister Heiko Maas, sagte, die russische Regierung habe „bisher keine der offenen Fragen beantwortet und keine Bereitschaft gezeigt, eine konstruktive Rolle bei der Aufklärung des Anschlags spielen zu wollen“.

Der Kontext

Skripal und seine Tochter waren am 4. März vergiftet auf einer Parkbank im britischen Salisbury gefunden worden. Nach den bisherigen Ermittlungen haben die Täter einen Kampfstoff eingesetzt, der nur in der früheren Sowjetunion entwickelt wurde. Russland bestreitet, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Doch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hatten sich auf dem Gipfel in Brüssel in der vergangenen Woche hinter Großbritannien gestellt. Als ersten Schritt hatte die EU ihren Moskauer Botschafter Markus Ederer zu Gesprächen nach Brüssel gerufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Freitag angekündigt, zusammen mit Frankreich und anderen Mitgliedsstaaten weitere Maßnahmen zu prüfen. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz hatte sich dagegen gegen eine Ausweisung ausgesprochen.

Die Reaktionen

In Deutschland kritisiert unter anderem die Linkspartei die Ausweisungen. Der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich sagte: „Dieser Schritt ist falsch und dreht die Eskalationsschraube ohne Not weiter.“ Es gebe keine Belege dafür, dass der russische Staat in den Fall involviert sei. Dagegen sagte Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, die Maßnahme sei „ein klares Signal der Solidarität mit Großbritannien und der Missbilligung des Verhaltens der russischen Regierung“.

Die Konsequenzen

Der Fall Skripal hat eine schwere Krise in den Beziehungen zwischen etlichen Staaten und Russland ausgelöst. Die Verbündeten Großbritanniens folgten „blind dem Grundsatz der euroatlantischen Einheit entgegen dem gesunden Menschenverstand“, teilte das Außenministerium am Montag mit. Moskau kündigte auch seinerseits Vergeltungsmaßnahmen an. „Natürlich werden wir dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag nach Angaben von russischen Agenturen. Die Situation und der Konflikt um den Giftanschlag werde man zunächst gründlich analysieren, bevor es daran gehe, weitere Schritte vorzuschlagen.

Eva Oer, Tobias Schulze