Präsidentin Arroyo bleibt im Amt

Philippinisches Parlament schmettert Anträge der Opposition auf Amtsenthebung ab

BANGKOK taz ■ Was über Wochen wie eine schwere politische Krise anmutete, ging gestern fast unspektakulär zu Ende: Nach einer nächtlichen Marathonsitzung hatte das philippinische Parlament klar gegen die von der Opposition eingebrachten Anträge entschieden, in denen Präsidentin Arroyo Wahlmanipulation und Korruption vorgeworfen wurden. Die Entscheidung war absehbar: Mitte vergangener Woche hatte der Justizausschuss das Begehren für ein Amtsenthebungsverfahren abgeblockt.

Um die Präsidentin entmachten zu können, hätte mindestens ein Drittel der 236 Parlamentarier die Anträge unterstützen müssen, ehe diese weiter an den Senat gegangen wären. Doch statt der erforderlichen 79 Stimmen hatten die Gegner Arroyos nur 51 Stimmen zusammen bekommen. Mehrere tausend Demonstranten protestierten gegen den Parlamentsbeschluss.

Gloria Macapagal Arroyo erklärte gestern, im Interesse der Nation wolle sie der Opposition die Hand zur Versöhnung reichen. Der oppositionelle Abgeordnete Francis Escudero gestand die Niederlage zwar sein, betonte aber: „Wir haben verloren, aber das bedeutet nicht, dass Gloria Arroyo gewonnen hat.“

Damit spricht Escudero aus, was viele Filipinos denken: dass Arroyo ein Legitimitätsproblem hat, wie kürzlich die Zeitung Philippine Daily Inquirer monierte. Zumal die Präsidentin, die sich bei den Wahlen 2004 nur knapp gegen ihren Hauptkonkurrenten, den mittlerweile verstorbenen Filmstar Fernando Poe jr., durchgesetzt hatte, in letzter Zeit nicht glaubwürdig agiert hatte.

Ende Juni hatte Arroyo während einer Fernsehansprache zugegeben, kurz nach Schließung der Wahllokale damals mit Virgilio Garcillano, einem ranghohen Mitglied der Wahlkommission, telefoniert zu haben. Auf einem drei Wochen zuvor veröffentlichten Telefonmitschnitt war eine Arroyo-ähnliche Frauenstimme zu hören gewesen, die den Wahlkommissar gefragt hatte, ob ihr Vorsprung bei den Stimmen unter eine Million fallen könnte. Die Präsidentin sprach in diesem Zusammenhang von einer „eigenen Fehleinschätzung“. Sie bestritt aber, dass sie das Ergebnis manipulieren wollte, und lehnte einen Rücktritt ab. Die Opposition jedoch wertete jenes Gespräch als Aufforderung an Garcillano, Arroyo zu einem höheren Sieg zu verhelfen.

Der Popularitätsverlust der Regierungschefin hatte sich indes schon länger abgezeichnet: Ein Großteil der Bevölkerung ist frustriert, dass Arroyo es nicht geschafft hat, mit Armut und Korruption aufzuräumen. Besonders pikant: Auch Mitglieder aus Arroyos Familie werden beschuldigt, Schmiergelder aus illegalem Glücksspiel angenommen zu haben. Trotz der Niederlage kündigte die Opposition an, ihre Kampagnen gegen Arroyo weiterführen zu wollen.

NICOLA GLASS