Frankreichs Regierung räumt Areal nach Scheitern von Flughafen-Bau

Vor drei Monaten hatte der Staat das Projekt in Notre-Dame-des-Landes nahe Nantes aufgegeben. Jetzt will man die Besetzer loswerden, die sich auf dem 16 Quadratkilometer großen Gebiet eingelebt haben

Am Montag in der „zone de défense“, der sogenannten Verteidigungszone Foto: Stephane Mahe/reuters

Aus Paris Rudolf Balmer

Drei Monate, nachdem die französische Regierung das lange gehegte Flughafenprojekt östlich des westfranzösischen Nantes aufgab, hat nun die Räumung des Areals angefangen. Ein imposantes Aufgebot der Gendarmerie unter Einsatz von Tränengas, Wasserwerfern und Bulldozern ist am Montag auf dem Gebiet in Notre-Dame-des-Landes gegen die Besetzer vorgegangen.

Der Staat hatte nach jahrelangem Konflikt schließlich im Januar auf den Bau von neuen und auch für die großen Airbus-380 geeignete Landepisten verzichtet. Mehrmals hatte die französische Regierung zuvor angekündigt, das Areal müsse jetzt geräumt werden, notfalls unter Einsatz von Gewalt. Am Wochenende war die Frist abgelaufen, die sie den in Notre-Dame-des-Landes verbliebenen Besetzern für einen freiwilligen Abzug gewährt hatten. Die Durchsetzung des Räumungsbefehls wurde quasi militärisch vorbereitet, allein das massive Aufgebot von 2.500 Gendarmen sollte wohl die Besetzer beeindrucken.

Noch etwa 150 Personen lebten bisher oft seit Jahren in dieser besetzten Zone, wo ursprünglich ein Flughafen entstehen sollte. Wegen der bevorstehenden Polizeiaktion waren in den vergangenen Tagen zudem mehrere hundert Sympathisanten angereist, um Widerstand zu leisten.

Bei der Räumungsaktion ab drei Uhr früh im grellen Scheinwerferlicht kam es zu harten Auseinandersetzungen. Eine Gruppe von knapp hundert vermummten Besetzern leistete erbitterten Widerstand. Von Barrikaden aus brennenden Holzpaletten, Autowracks und Baumstämmen empfingen sie die mobilen Einheiten der Gendarmerie mit Steinen und anderen Wurfgeschossen.

Gegen Mittag hatten die langsam vorrückenden Beamten etwa zehn Hütten niedergerissen. Die Behörden rechnen damit, dass sie mehrere Tage brauchen, um das etwa 16 Quadratkilometer große Gelände zu räumen. Mehrere Bewohner erklärten, sie würden bei der erstbesten Gelegenheit wiederkommen. Auch stellen sie die Rechtmäßigkeit ihrer Vertreibung infrage, weil ihnen kein ordentlicher gerichtlicher Ausweisungsbefehl zugestellt worden sei. Sie wollen das Vorgehen der Behörden vor Gericht anfechten.

Die Besetzer bezeichnen das Gelände als „Verteidigungszone“. Inzwischen ist die Abkürzung ZAD für „zone à défendre“ und die Bezeichnung „Zadistes“ für die Besetzer bereits in den französischen Sprachgenrauch eingegangen.

Die Besetzer bezeichnen das Gelände als „Verteidigungszone“

Frankreichs Regierung hatte Jahrzehnte an dem Projekt festgehalten. Der öffentliche Nutzen des seit den 70ern geplanten westfranzösischen Verkehrsknotenpunkt für den internationalen Luftverkehr war aber von Experten bezweifelt worden.

Die Gegner hatten mit Erfolg unter anderem den Naturschutz und die Erhaltung einer Landwirtschaftszone geltend gemacht. Die Befürworter hatten vorgebracht, dass die Flugzeuge dank des Standorts in Notre-Dame-des-Landes nicht mehr über das Stadtzentrum donnern müssten. Bei einer umstrittenen Abstimmung in der Region hatte sich 2016 eine Mehrheit für einen größeren Flughafen als Ersatz des bisherigen im Süden von Nantes ausgesprochen.

Die Staatsführung stand vor einem Dilemma, sie wollte eine Konfrontation vermeiden. Das ließ den „Zadistes“ Zeit, sich auf dem Gelände einzurichten. Mehrere begannen auf dem besetzten Boden mit biologischem Landbau und anderen Aktivitäten zur Selbstversorgung. Nach der Aufgabe des Flughafens wird die Räumung nun zur Prestigefrage für die Regierung.