Logik gegen rechts

Aristotelesim „Bürgerkriegder Begriffe“

Peter Sloterdijk hat der Neuen Zürcher Zeitung ein Interview gegeben. Eine der Fragen lautete: „Unter welchen mentalen Bedingungen ist es überhaupt möglich, dass der Syllogismus konservativ gleich rechtsradikal gilt?“ Gute Frage, oder? Leider nein. Syllogismen bilden den Kern der aristotelischen Logik. Sie gehören einem bestimmten Typ logischer Schlüsse an, dem deduktiven Argument: „Eine Deduktion ist ein Argument, in welchem sich, wenn etwas gesetzt wurde, etwas anderes als das Gesetzte mit Notwendigkeit durch das Gesetzte ergibt“, schrieb Aristoteles. Einfacher gesagt: „Wenn Prämisse a und Prämisse b richtig sind, folgt notwendig Konklusion c.“

Die Formel „konservativ gleich rechtsradikal“ ist also kein Syllogismus. Ein Syllogismus sähe so aus: Kein Rechtsradikaler ist konservativ. (Prämisse 1). Jeder Anhänger der Idee der Volksgemeinschaft ist ein Rechtsradikaler. (Prämisse 2). Kein Anhänger der Idee der Volksgemeinschaft ist ein Konservativer.(Schlussfolgerung).

Gefragt werden sollte der Philosoph demnach nur, unter welchen Rahmenbedingungen man auf die Idee kommen kann, ein Konservativer und ein Rechtsradikaler seien ein und dasselbe. Die Antwort ist simpel: wenn man nicht so gut denken kann. Genügt Slo­terdijk aber nicht: „In historischer Sicht geht das verworrene Denkmuster auf die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zurück, als die Moskauer Zentrale die Devise ausgegeben hat, die westliche Sozialdemokratie sei ein ‚Sozialfaschismus‘. Damit war der Bürgerkrieg der Begriffe eröffnet.“

Das kann man so sehen. Dass der „Kampf gegen rechts“ die Unterschiede zwischen Konservativen, Nationalliberalen, Völkischen, Rassisten und Nationalsozialisten unter den Tisch fallen lässt, ist schon deswegen problematisch, weil dies eine wesentliche Frage unserer Zeit zu formulieren verunmöglicht, zu deren Beantwortung man keine Philosophen braucht: Unter welchen mentalen Bedingungen ist es überhaupt möglich, zentrale Begriffe und Denkfiguren der neuen Rechten zu übernehmen und immer noch zu denken, man sei konservativ?

Ulrich Gutmair