Indonesien: 160 Tote bei Flugzeugabsturz

Boeing stürzt über einem Wohngebiet der Großstadt Medan in Nordsumatra ab. Indonesiens Präsident kündigt Untersuchung an. Indonesische Fluggesellschaften wegen mangelnder Sicherheitsstandards bereits in der Vergangenheit wiederholt kritisiert

VON NICOLA GLASS

Freddy Ismail hat als einer von wenigen überlegt. Der Mann gab dem indonesischen Privatradio El-Shinta ein erstes Interview vom Krankenbett aus: „Ich konnte es einfach nicht glauben“, wurde er zitiert. „Nachdem das Flugzeug abgehoben hatte, wurde es plötzlich heftig erschüttert und stürzte dann auf die Hauptstraße und dort parkende Autos.“ Ein Lokalreporter, der nur zehn Minuten später die Unglücksstelle erreichte, sprach von „brennenden Körpern“, die überall verstreut lagen.

Der indonesische Passagierflieger der Billigfluglinie Mandala, der sich auf dem Weg in die Hauptstadt Jakarta befand, war unmittelbar nach dem Start vom Flughafen der Stadt Medan in ein nur 500 Meter von der Startbahn entferntes Wohngebiet gestürzt. Nach Angaben eines örtlichen Polizeisprechers riss der Absturz mehr als 160 Menschen in den Tod. Über 100 Passagiere starben in der Maschine vom Typ Boeing 737-200, mindestens 57 weitere Menschen kamen beim Aufprall ums Leben, da sie sich in der Straße des dicht besiedelten Wohngebietes aufgehalten hatten. Unter den toten Passagieren befanden sich auch der Gouverneur der Provinz Nordsumatra, Rizal Nurdin, und sein Amtsvorgänger Raja Inal Siregar.

Den Rettungskräften aus Sanitätern, Polizei und Feuerwehrleuten bot sich ein Bild des Grauens: Das Flugzeug war in mehrere Teile zerbrochen, aus denen Flammen schlugen. Um das Wrack herum lagen die Trümmer zerstörter Häuser und ausgebrannter Autos.

Teilweise suchten die Helfer mit bloßen Händen in den verrußten Flugzeugteilen nach Überlebenden und Toten. Der indonesische Verkehrsminister Hatta Radjasa bezeichnete das Unglück als „große Tragödie“. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono sowie Mandala-Chef Asril Hamzah Tanjung kündigten eine gründliche Untersuchung an.

Der Absturz war das schwerste Flugzeugunglück in Indonesien seit acht Jahren. Im September 1997 war ebenfalls in der Nähe von Medan ein Airbus der staatlichen Fluglinie Garuda in einer Bergregion zerschellt. Damals starben 234 Menschen. Das jüngste Unglück dürfte die Debatten im Insel-Archipel um die Sicherheit im Luftverkehr wieder aufleben lassen. Auch wenn das Fliegen als weiterhin sicherste Art des Reisens weltweit gilt, stehen mehrere Fluggesellschaften in Indonesien am Pranger: Der großen staatlichen Fluglinie Garuda waren in der Vergangenheit mehrfach unzureichende Sicherheitsstandards vorgeworfen worden.

Auch die Betreiber der Fluggesellschaft Mandala werden sich jetzt kritischen Fragen stellen müssen: Mandala war 1969 von einer Stiftung des indonesischen Militärs gegründet worden, die meisten der insgesamt 15 Maschinen der Flotte sollen aus den 70er-Jahren stammen. Die mehr als 20 Jahre alte Unglücksmaschine, die erst im Jahr 2016 ausrangiert werden sollte, soll noch im Juni einer Generalinspektion unterzogen worden sein.