Aggressives Gelb

Der Braunschweiger Plakateforscher Klaus Grözinger übt Kritik an den Wahlplakaten der Parteien. Ausnahme: FDP

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat der Braunschweiger Plakateforscher Klaus Grözinger den meisten Wahlplakaten ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Wer sich in der „Informationsfülle des städtischen Lebens“ bemerkbar machen wolle, erreiche dies nur mit „plakativen, physischen Reizen wie kräftigen Farben und prägnanten Slogans“, sagte der emeritierte Professor an der Braunschweiger Hochschule für Bildende Kunst.

Diese Anforderungen erfüllen nach Ansicht Grözingers allein die Wahlplakate der Liberalen. „Die FDP hat eindeutig das konsequenteste Kampagnenkonzept“, sagte der Plakatforscher. „Das aggressive Hintergrundgelb und die hellblaue Schrift sichern der FDP schon in größerer Entfernung und im unruhigen urbanen Umfeld die Wahrnehmung der Plakate und ihre Wiedererkennung.“

„Unruhiges urbanes Umfeld“, damit sind auch die Autofahrer gemeint. „Plakatbotschaften müssen Text und Bild schnell übermitteln, gerade wenn man schnell mit dem Auto vorbeifährt“, meint Grözinger. Das gelinge der FDP am besten.

Schlechtere Noten bekamen die Plakate der anderen Parteien. So erscheint die Kampagne der Union dem Grafikdesign-Professors „vergleichsweise flau“: „Bei allen Plakaten der CDU fehlt der visuelle Ruck, der Ruck, auf den sich die Partei so gern beruft.“ Der im Wahlkampf der Union vorherrschende Farbton Orange erinnere stark an „Babyartikel und Feinwaschmittel“.

Die großflächigen Plakate der SPD mit dem Konterfei von Bundeskanzler Gerhard Schröder in verschiedenen Redeposen findet Grözinger „sehr gelungen“, allerdings würden sich nur die Porträts einprägen, nicht der in Großbuchstaben gedruckte Text – vor allem für Autofahrer, Sie wissen schon.

Dasselbe gilt nach Ansicht Grözingers für die Plakate der Grünen, die ihre politische Botschaft eher versteckten als vermittelten. Grözinger: „Die überdimensionalen Prozentzahlen auf den Plakaten der Grünen erinnern eher an die Werbung für den Sommerschlussverkauf.“

Bei der Linkspartei seien die Plakate gut lesbar und visuell ansprechend, meint der Wissenschaftler. Aber die Texte! „Platt und außerdem zu klein. Das liest kein Mensch.“

Nach Meinung Grözingers ist das derzeit gelungenste Plakat eines, das gar nichts mit dem Wahlkampf zu tun hat. Es zeigt den Kopf einer Katze und wirbt für Katzennahrung: Das, spricht der Plakateforscher, sei „das beste Plakat, das ich seit langem gesehen habe“. dpa