Kopf hoch

Mit knapp 95 Prozent wird Melanie Leonhard als Vorsitzende der Hamburger SPD
bestätigt. Sie stimmt ihre Partei schon jetzt auf die kommende Bürgerschaftswahl ein

Siegerin mit erhobenem Haupt: Melanie Leonhard bleibt Landesvorsitzende der SPD Foto: /Markus Scholz/dpa

Von Sven-Michael Veit

Der Dämpfer für Melanie Leonhard blieb aus. Mit 94,8 Prozent (275 von 290 Stimmen) wurde die 40-Jährige am Sonnabend auf dem Parteitag der SPD im Bürgerhaus Wilhelmsburg als Landesvorsitzende für zwei Jahre im Amt bestätigt. Am 24. März, als sie auf einem Sonderparteitag zur Nachfolgerin des nach Berlin aufgestiegenen Parteichefs Olaf Scholz gewählt worden war, hatte Leonhard mit 94,6 Prozent ein ähnlich gutes Ergebnis erreicht.

Vor dem Parteitag hatten mehrere Sozialdemokraten nicht ausgeschlossen, dass die Sozialsenatorin ein deutlich schlechteres Resultat einfahren würde. Auch in der Aussprache vor dem Wahlgang hatte ihr der Delegierte Harald Martens „mangelnde Selbstkritik“ und Schönfärberei öffentlich vorgeworfen. Elke Badde, als Staatsrätin in der Gesundheitsbehörde immerhin ein Senatsmitglied, mahnte einen durchgreifenden Erneuerungsprozess in der Hamburger SPD an: „Wir schmoren im eigenen Saft.“ Offensichtlich waren das jedoch Einzelmeinungen. Allerdings hatten mit 18 ungewöhnlich viele Delegierte gar nicht erst an der Abstimmung teilgenommen.

Leonhard stimmte ihre Partei bereits auf die nächste Bürgerschaftswahl Anfang 2020 ein und rief zu Selbstbewusstsein auf: „Es gibt keinen Grund, mit gebeugtem Haupt herumzulaufen.“ Sie räumte ein, dass es in der rot-grünen Koalition den einen oder anderen Konflikt gebe, vor allem, seit der moderate Peter Tschentscher Anfang April den langjährigen Zuchtmeister Olaf Scholz als Regierungschef abgelöst hat.

Den Grünen warf sie dabei Effekthascherei vor: „Die lassen sich gern kurzfristig bejubeln und verlieren das gemeinsame Zeil aus den Augen.“ Deshalb sei es gelegentlich notwendig, den Partner „unterzuhaken und auf den richtigen Weg zu Lösungen für alle zurückzuführen“. Es geht also schon los mit dem Schärfen des eigenen Profils auf Kosten des Koalitionspartners.

Mit guten 91,3 Prozent wurde der Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke erstmals zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt. Er hatte in einer kämpferischen Bewerbungsrede „einen Mindestlohn, von dem man auch in Metropolen leben kann“, gefordert: Zwölf Euro seien dabei die Untergrenze. Auch ein „Recht auf Arbeit für Langzeitarbeitslose“ kann sich der 59-jährige Jurist vorstellen, der bekannte, „dass mein politisches Herz der Sozialpolitik gehört“.

Für nicht wenige in der Partei verkörpert Bartke die Hoffnung auf ein deutlich linkeres Profil der Hamburger SPD nach der Demission von Scholz. Dafür spricht, dass er das beste Resultat aller StellvertreterInnen erzielte. Die beiden langjährigen Vizes Inka Damerau und Nils Weiland wurden mit lediglich 87,0 und 85,4 Prozent im Amt bestätigt.

Einen Bericht zur Lage der Nation und der Großen Koalition in Berlin hatte zu Beginn in einem Grußwort Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz abgegeben. Das „solidarische Europa“ beschwor er, in der Finanz-, Bildungs-, Integrations- und Außenpolitik gleichermaßen. Gerade im „Handelskonflikt“ mit den USA des Donald Trump sei ein „starkes und souveränes Europa“ unverzichtbar.

Mehr Kitaplätze, bessere Berufsbildung, mehr Schutz für MieterInnen versprach der langjährige Hamburger Bürgermeister und SPD-Vorsitzende ebenfalls noch in seiner etwa fünfminütigen Rede: „Wir müssen jeden Tag dafür arbeiten, dass das Leben in diesem Land besser wird.“

So wie er es sieben Jahre lang als Erster Bürgermeister nach seiner Wahrnehmung auch in Hamburg getan hat.