Künstlerische Exzellenz statt Events

Der Streit über die Nachfolge von Regie-Ikone Frank Castorf hat die Volksbühne in eine Krise gestürzt. Ein Symposium zur Zukunft des Hauses zeigte am Wochenende die tiefen Gräben auf

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) setzt bei der Suche nach einem neuen Intendanten für die umkämpfte Volksbühne vor allem auf „künstlerische Exzellenz“. Nach einem zweitägigen Symposium zur Zukunft des traditionsreichen Hauses sagte er am Samstag: „Die Volksbühne muss im Kern erst mal eines leisten: hervorragendes Theater spielen.“ Dabei schloss er nicht aus, dass die Suche nach einem Nachfolger für den legendären Intendanten Frank Castorf länger als bis zum Jahresende dauern könnte.

Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz gilt international als Aushängeschild für politisch engagiertes, linkes Theater. Sie steht vor einem Scherbenhaufen, nachdem der zunächst als Nachfolger berufene Kurator und Theaterwissenschaftler Chris Dercon, zuvor Direktor der Tate Modern in London, sein Amt im April nach weniger als einem Jahr aufgegeben hatte. Ihm war von Castorf-Anhängern in einem erbitterten Streit vorgeworfen worden, das Ensembletheater zu einer internationalen „Eventbude“ zu machen.

Die erhitzte Diskussion auf dem Symposium in der Akademie der Künste zeigte, wie tief die Gräben nach wie vor sind. Es war von einem „kulturpolitischen Gewaltakt“ und von der „Zerstörung der Volksbühne“ die Rede. Esther Slevogt, Theaterkritikerin unter anderem für die taz, forderte von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine Entschuldigung für die Berufung Dercons. „Ich glaube, dass man die Zukunft nicht gestalten kann, wenn man nicht befriedet und aufarbeitet, was da passiert ist.“

Müller hatte Dercon auf Vorschlag seines damaligen Staatssekretärs Tim Renner berufen – quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Lederer sagte, die Entscheidung sei damals „ziemlich einsam und auch nicht ehrlich“ getroffen worden.

Derzeit wird die Volksbühne von Klaus Dörr als Interimschef geleitet. Der Theatermacher, bisher in Stuttgart, soll bis Sommer 2020 bleiben. Dies verschaffe Zeit und Luft für die weitere Suche, so Lederer. Der Kultursenator sagte zu, nach dem Dialog vom Wochenende auch künftig offen für Gespräche zu sein. „Wir können jetzt nicht irgendeine Idee nehmen und die den Mitarbeitern überstülpen. Das wird nicht funktionieren.“

Das Theaterkollektiv Staub zu Glitzer, das die Volksbühne im Herbst 2017 sechs Tage lang besetzt hatte und das Haus zum „neuen Zentrum der Anti-Gentrifizierungs-Bewegung“ ernannt hatte, forderte, die Volksbühne weiter für gesellschaftliche Debatten zu nutzen. (dpa/taz)