Lars Penning
Filme aus dem Archiv –
frisch gesichtet
:

Die mittlerweile 90-jährige Filmemacherin Agnès Varda hat sich in ihrem Film „Die Sammler und die Sammlerin“ mal als Sammlerin von Bildern und Erinnerungen beschrieben. Das trifft sich gut mit der Kunstaktion „Inside Out“ des Fotografen und Streetart-Künstlers JR, der Passanten von der Straße einlädt, sich in einem zum Fotoautomaten umgebauten Kleinlaster fotografieren zu lassen. Anschließend werden die großformatigen Schwarz-Weiß-Porträts an öffentlichen Orten plakatiert. Der von beiden Künstlern gemeinsam gedrehte Film „Augenblicke: Gesichter einer Reise“ ist eine modifizierte Fortführung dieser Aktion: Das Team reist mit dem Fotoautomaten quer durch Frankreichs Provinz und fotografiert Leute, die es dort antrifft. Die dabei entstehenden überdimensionierten Poster sind ebenso sehr Denkanstöße wie vergängliche Erinnerungen. Varda und JR haben ihren Film wie einen Dialog auf mehreren Ebenen inszeniert, denn der gemeinsame Off-Kommentar zur Reise beschreibt mit charmantem Witz auch das gegenseitige Kennenlernen, den Respekt und die Freundschaft der Künstler (OmU, 19. 7., 14.30, ­B-ware! Ladenkino, 22. 7., 16.15 Uhr, 19. 7. – 25. 7., 15 Uhr, Hackesche Höfe).

Weit weniger lustig geht es in Ingmar Bergmans düsterem Drama „Die Zeit mit Monika“ (1953) zu, in dem der schwedische Regisseur glashart die Beziehung eines jungen Paares analysiert, die den Belastungen des Alltags nicht standhält. Die aus schwierigen Verhältnissen stammende, selbstsüchtige Monika (Harriet Andersson) wird ihren etwas naiven Mann, den sie bei einem Ferienflirt kennengelernt hatte, schließlich mit dem gemeinsamen Kind sitzen lassen. Doch es geht nicht bloß um Gut und Böse: Der totale Freiheitswille Monikas, die sich einfach nicht ins bürgerliche Korsett stecken lassen will, sowie ihre Erotik sind faszinierend (Om engl. U, 19.7., 22 Uhr, 21.7., 15.30 Uhr, 23.7. 21.45 Uhr, Babylon Mitte).

Passend zur Tour de France: „Time Trial“, ein essayistisches, immersive Filmtechniken nutzendes Porträt des schottischen Radrennfahrers David Millar, versucht sich der Frage anzunähern, warum sich die Rennfahrer die körperlich zermürbende Quälerei eigentlich antun. Die Doku begleitet Millar durch die letzte Saison einer erfolgreichen – Dopingsperre inklusive – Karriere. Für den damals 37-Jährigen ist es eine Schinderei. Trotzdem macht er weiter. Als es aufgrund der miesen Vorergebnisse mit der 13. Teilnahme an der Tour de France nicht klappt, fließen Tränen. Es ist ganz offensichtlich auch eine Sucht (20. 7., 16.30 Uhr, 22. 7., 16 Uhr, IL Kino, 21. 7., 24. 7., 16 Uhr, Tilsiter Lichtspiele).