wie machen sie das?
: Die Buddel-schiffbauerin

Michaela Richter, 42, war Fremdsprachenkorrespondentin. Mit Ende zwanzig merkte sie, dass sie mit Holz und Werkzeug arbeiten wollte. Heute ist sie Buddelschiffbauerin in Hamburg.

taz am wochenende: Frau Richter, Sie bauen kleine Schiffsskulpturen aus Holz, die Sie ins Innere einer Glasflasche gelangen lassen. Wie machen Sie das?

Michaela Richter: Ganz wichtig ist: morgens nicht zu viel Kaffee trinken. Ich weiß aus Erfahrung, dass mit zittrigen Fingerspitzen im Buddelschiffbau erst mal gar nichts funktioniert. Was die Geduld angeht, habe ich gute und schlechte Tage. An schlechten, wenn der Geduldsfaden schneller zu reißen droht, hilft es, wenn ich die Arbeit erst mal weglege und durchatme.

Haben Sie das Gefühl, im Laufe der Jahre geduldiger geworden zu sein?

Nein. Aber man wird routinierter in seiner Arbeit. Ich weiß besser mit Hoch- und Tiefpunkten umzugehen.

Was ist denn so ein Tiefpunkt im Bauprozess?

Bei der sogenannten Zugtechnik kann auf dem Weg des Schiffes in die Flasche viel schiefgehen. Das Schiff wird dabei zuerst gebaut und flach durch den Flaschenhals gesteckt. Durch Fäden an den Masten kann das Ganze dann aufgeklappt werden. Manchmal bleiben Teile aneinander hängen oder etwas klappt in die falsche Richtung auf. Wenn ich das Schiff mithilfe von langen Werkzeugen im Innern der Flasche baue, ist der Kleber die größte Herausforderung. Er verschmutzt das Glas von innen und ist schwierig zu entfernen.

Wie lange bauen Sie an einem Buddelschiff?

Meistens werden 20 oder mehr Schiffe auf einmal gebaut. Zuerst kommen die Schiffe auf einen Standfuß, dann werden die Wellen geformt und so weiter. Wenn man routiniert ist, ist das eine Sache von ein paar Stunden. Fange ich ganz vorne mit dem Schnitzen der Einzelteile an, dann dauert die Produktion mehrere Wochen.

Wer kauft Ihnen häufig Buddelschiffe ab, sind das Sammler?

Das ist ganz divers. Es gibt Sammler und ehemalige Seefahrer, die die Schiffe aus nostalgischen Gründen kaufen. Viele haben emotionale Bindungen zu bestimmten Schiffen oder kaufen die Schiffe als Mitbringsel fürs Ausland. Zweimal war Helmut Schmidt Kunde bei mir im Laden. Bei seinem ersten Kauf kam er persönlich rein, während zwei Bodyguards draußen vor meiner Ladentür warteten.

Kann man beim Bauen auch schummeln?

Ja. Es gibt Wege, das Schiff in die Flasche zu lassen, indem man ein Stück Glas aus dem Flaschenrücken entfernt und dann später eine Kordel benutzt, um die noch sichtbare Glasnaht zu verdecken – Glas ist ja schwierig unversehrt wieder zusammenzubauen. Diese Technik käme für mich nicht in Frage. Dann wäre es keine ehrliche Arbeit mehr.

Interview Lilian Theweleit