Mehr Schutz für störende Eigentümer

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT Hauseigentümer dürfen dem Lebensgefährten einer Miteigentümerin nicht einfach Hausverbot erteilen – auch wenn die beiden gelegentlich streiten und nachts die Ruhe stören

FREIBURG taz | Wer sein Eigentum so nutzt, dass es andere stört, ist dabei trotzdem vom Grundgesetz geschützt. Das stellte jetzt das Bundesverfassungsgericht in einem tragischen Fall aus Rheinland-Pfalz klar.

Frau B. aus Mainz leidet an einer schizoaffektiven Psychose. Zum Krankheitsbild gehört, dass sie immer wieder weint, schreit und um Hilfe ruft. Zudem kommt es gelegentlich zu heftigen Streitigkeiten mit ihrem Lebensgefährten, Herrn R., der oft zu Besuch kommt und selbst nicht krank ist.

Die Nachbarn reagierten zunehmend genervt, denn immer wieder werde ihre Nachtruhe gestört. Gegen Frau B. gingen sie nicht vor, weil sie Eigentümerin der Wohnung ist, in der sie lebt. Auf einer Eigentümerversammlung verhängten sie jedoch ein Hausverbot gegen Herrn R., den Lebensgefährten. Frau B. klagte dagegen, denn R. sei ihre einzige Bezugsperson. Das Amtsgericht Mainz bestätigte jedoch das Hausverbot genauso wie das Landgericht Koblenz. Die Nachtruhe der Nachbarn habe Vorrang. Störendes Verhalten sei vom Grundrecht auf Eigentum nicht geschützt.

Das sah das Bundesverfassungsgericht anders und hob jetzt die Gerichtsentscheidungen der niederen Instanzen auf. In einem neuen Prozess muss nun auch Frau B.s Grundrecht auf Eigentum in die Abwägung mit den Interessen der Nachbarn einfließen.

Als milderes Mittel zu einem Hausverbot genüge es zunächst erst einmal, von Herrn R. die Einhaltung der Nachtruhe zu verlangen, was bisher wohl nicht passiert war. Falls aber nur ein Hausverbot helfen könne, liege es nahe, so erklärten die Karlsruher Richter, dieses auf die Nachtzeit zu beschränken. (Az.: 2 BvR 693/09) CHRISTIAN RATH