Mücken machen die Fliege

Die Dürre führt zu Mückenmangel – aus Sicht der „Mücken­­­-atlas“-Forscherinnen

Mit einer Art Handstaubsauger, nicht lauter als ein Fön, wuschelt Nadja Pernat durch Büsche und Sträucher. Die Biologin mit dem großem Rucksack, aus dem ein Kescher ragt, erinnert nicht nur an die Geisterjäger aus den „Ghostbusters“-Filmen: Sie hat es tatsächlich auf Plagegeister abgesehen. Wenn auch auf vergleichsweise harmlose: Stechmücken.

Mit ihrem Mückensauger holt Pernat an diesem Sommermorgen in Berlin neben abgestorbenen Blättern jedoch nur Ameisen, eine kleine Spinne und eine Feuerwanze aus ihren schattigen Verstecken. Die lässt sie umgehend wieder laufen, der Sauger ist so schwach, dass ihnen nichts passiert. „Manchmal stoße ich den Sauger ins Gebüsch, damit etwas auffliegt“, sagt die Wissenschaftlerin. Doch es fliegt nichts auf an diesem Tag – wie an so vielen Tagen zuvor. In Berlin herrscht nach monatelanger Dürre Mückenmangel, jedenfalls für Nadja Pernat.

Die Doktorandin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung (Zalf) im brandenburgischen Müncheberg erforscht Berliner Mücken. Es geht um bevorzugte Brutstätten und Flugstrecken in Wohngebiete. Pernats Chefin Doreen Walther ist bundesweit für den „Mückenatlas“ bekannt. Das Projekt setzt auf das Engagement interessierter Bürger: Jeder kann gefangene Mücken einschicken, das Team bestimmt dann, um was für Mücken es sich handelt, und kartiert den Fund.

50 Stechmückenarten

In Deutschland gibt es rund 50 Stechmückenarten. Von besonderem Interesse sind invasive Arten wie die Asiatische Buschmücke und die Asiatische Tigermücke, die sich auch hierzulande ausbreiten. Eine ausführliche Anleitung zum Fangen und Einsenden gibt es auf der Mückenatlas-Webseite.

In ihren Freilandversuchen schaut sich Nadja Pernat Abschnitte in sechs Berliner Gebieten genauer an. In den Untersuchungsgebieten hat sie 90 Eiablage-Fallen aufgestellt – mit Wasser gefüllte Becher, versteckt in Gebüschen, damit Mücken darin Eier ablegen können. Die Eier sollen ausgebrütet, die erwachsenen Insekten eingefroren und schließlich untersucht werden.

„Mücken? Hab ich dieses Jahr gar keine auf dem Balkon“, sagt eine Passantin, der Nadja Pernat ihre Arbeit erklärt hat. Und die Biologin räumt mit einem verbreiteten Irrglauben auf.

Wenn es darum geht, abends in der Wohnung trotz offener Fenster Stechmücken fernzuhalten, sei die Beleuchtung irrelevant. Denn das Kohlendioxid in der Atemluft ziehe die Mücken an, sagt sie. „Eigentlich müsste man mit dem Atmen aufhören – und nicht das Licht ausmachen.“ (dpa)