Herbst für Kastanien

Die Miniermotte hat dieses Jahr einen besonders gesegneten Appetit – weil es so schön warm ist

Berlins Kastanien leiden in diesem Sommer besonders stark unter der Miniermotte – und der Trockenheit. „Das ist eine doppelte Belastung“, sagt Derk Ehlert, Sprecher der Senatsumweltverwaltung. Weil die Wärme für die Motten günstig sei, schlüpfe bereits die dritte oder sogar schon die vierte Generation. Die Larven zerfressen die Blätter. Weißblühende Bäume werfen seit Ende Juni in großem Stil braunes Laub ab. An manchen Straßen mit Kastanien sieht es bereits aus wie im tiefsten Herbst.

Bereits 2017 war ein Minier­mottenjahr – die Behörden sprachen vom schlimmsten Befall seit zwölf Jahren. Obwohl der frühe Laubabwurf die Bäume nicht direkt schädigt, macht er sie anfälliger, vor allem für Bakterien und Pilze. Manchmal starten sie ein „Notfallprogramm“ und fangen ein zweites Mal an zu blühen, wenn sie ihr Laub verloren haben. Was für Spaziergänger eine nette Überraschung ist, beunruhigt Naturschützer. Denn der Baum kann durch den zusätzlichen Stress bei Stürmen ganze Äste verlieren. Auch die Kastanien fallen kleiner aus.

Mottenfallen, die die Insekten mit Duftstoffen anlocken, helfen gegen den Befall. Wichtig sei auch das konsequente Einsammeln des Laubs, ergänzte Ehlert. Denn die neue Brut sitzt auch in abgeworfenen Blättern und schwärmt nach dem Schlüpfen aus. Eine weitere naturnahe Lösung zur Bekämpfung der Motte sind Meisennistkästen, denn die Meisen fressen die Motten.

Die abgeharkten Kastanienblätter im eigenen Kompost zu entsorgen, ist keine gute Idee. Denn dort entwickeln sich selten Temperaturen um 60 Grad Celsius, die die Motten töten. Besser ist das Laub deshalb in städtische Kompostanlagen aufgehoben. Weißblühende Kastanien werden in Berlin wegen ihrer Anfälligkeit auch nicht mehr nachgepflanzt.

Die Miniermotte, die seit 1998 massenhaft Kastanien in Berlin befällt, stammt ursprünglich vom Balkan. Durch die Auswertung von Sammlungen getrockneter Pflanzen kann sie dort nach Angaben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bis zum Jahr 1879 zurückverfolgt werden. Der Klimawandel ermöglicht der wärmeliebenden Motte immer weiter im Norden Quartier. (dpa)