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: Sippenhaft: Polen deportiert Menschenrechtlerin nach Kiew

Mit ihrer „Stiftung Offener Dialog“ engagieren sich Ludmila Kozlowska und ihr Mann Bartosz Kramek seit Jahren für eine selbstbewusste Zivilgesellschaft in Polen. Schon bald nach dem Wahlsieg der nationalpopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Herbst 2015 gerieten die Stiftung und die neue Rechtsregierung aneinander. Nachdem Kramek in einem offenen Appell zu zivilem Ungehorsam aufgerufen hatte, beantragte Polens Außenministerium bei Gericht, den bisherigen Stiftungsvorstand abzusetzen. Doch die Richter wiesen die Vorwürfe als unzureichend zurück.

Überraschend wurde Ludmila Kozlowska, die die ukrainische Staatsbürgerschaft besitzt, am Montagabend am Flughafen in Brüssel festgesetzt und am nächsten Tag nach Kiew deportiert. Angeblich stelle sie eine „Gefahr für die Sicherheit Polens“ dar, lautete die Auskunft, die Kozlowska von den belgischen Grenzbeamten erhielt. Auf Antrag Polens sei sie als „Ernstfall“ in das Schengen-Informationssystem (SIS) eingetragen worden und könne nun in kein Schengen-Mitgliedsland mehr reisen.

„Polens Regierung rächt sich an meiner Frau für meine politische Aktivität“, sagte Kramek dem Internetportal Onet. Während seine Frau sich vor allem für die Menschenrechte in Russland, Kasachstan, Moldau und der Ukraine einsetzte und dafür auch EU-Zuschüsse erhielt, prangerte er immer wieder öffentlich Rechts- und Verfassungsbrüche durch die PiS-Regierung in Polen an. „Bis vor Kurzem war Polen für mich und viele Menschen aus dem Osten ein Beispiel für den Erfolg der Demokratie und ein Tor nach Europa“, bekannte Kozlowska gegenüber der linksliberalen Gazeta Wyborcza. „Jetzt hingegen müssen wir uns vor den Mächtigen in Polen verteidigen.“

Den Eintrag ins SIS nahm Polens Ausländer­amt auf Antrag einer anderen Behörde vor. Polnische Medien und Menschenrechtsorganisationen versuchen herauszufinden, welche Behörde dies war. „Polens Behörden achteten darauf, dass alle Informationen, die zum Eintrag ins SIS führten, mit einer Geheimhaltungsklausel versehen wurden“, erläutert der Menschenrechtsanwalt Wojciech Mądrzycki. „Wir kennen den Grund für die angebliche „Sicherheitsgefährdung des polnischen Staats durch Ludmila Kozlowska nicht.“ Dadurch werde es sehr schwer, Einspruch einzulegen und eine Streichung aus dem SIS zu erreichen.

Kozlowska kann weiter einzeln bei jedem EU- und Schengenstaat einen Visumsantrag stellen, der auch positiv beschieden werden kann. Ob sie aber je nach Polen zurückkehren darf, ist ungewiss. Gabriele Lesser, Warschau