Kampf um Makrelen: Europa pocht auf Fangrechte

MEER Die EU ist sauer. Wegen des Klimawandels ziehen Fische nach Norden, zur Freude der Isländer

STOCKHOLM taz | Island und die EU befinden sich im Clinch um Fangquoten für Makrelen. Brüssel droht mit Handelssanktionen und einer Blockade der EU-Beitrittsverhandlungen. Der Streit ist eine Folge der Klimaerwärmung: Makrelenschwärme halten sich seit einigen Jahren im Sommer in nördlicheren Gebieten auf, weil ihnen das Wasser im Nordatlantik zu warm ist.

Auf einmal befinden sie sich in den Hoheitsgewässern Islands, für die Fischer dort eine neue Einkommensquelle. 2005 fingen sie gerade mal 4.200 Tonnen Makrelen, in diesem Jahr werden es knapp 150.000 Tonnen sein. Die EU meinte zunächst, sie könne Island den Fang einfach verbieten, und argumentierte, man habe auch angesichts geänderten Verhaltens der Schwärme weiterhin die Fangrechte. Reykjavík konterte, man könne in den eigenen Fischereizone selbstständig entscheiden.

Überfischung befürchtet

Da sich Makrelen je nach Jahreszeit in unterschiedlichen Meeresregionen und damit Hoheitsgewässern aufhalten, führt das zwangsläufig zur Überfischung. Seit drei Jahren findet ein unverantwortlich hoher Makrelenfang statt. Dauert dieser Zustand an, könnte der Bestand in einigen Jahren gefährdet sein. Nach zehn Jahren Blockade verhandelt Brüssel nun mit Reykjavík, doch von einer Einigung ist man weit entfernt. Island wirft der EU vor, einfach eine Quote diktieren zu wollen. Zuletzt wollte sich die EU 90 Prozent des Fangs mit Norwegen teilen, während man Island, den Färöer und Russland anbot, sich die restlichen 10 Prozent untereinander aufzuteilen. Reykjavík fordert 16 Prozent für die heimischen Fischer.

Nun zog der Europäische Rat die Daumenschrauben an. Die Landwirtschafts- und Fischereiminister der EU – Dänemark und Deutschland trugen den Beschluss nicht mit – kündigte die Verhängung von Handelssanktionen gegen Island an. Islands Fischwirtschaft droht nicht nur ein Verkaufsverbot für Makrelen, sondern für alle ihre Fischprodukte. Sie generieren 75 Prozent des isländischen Exportwerts.

Außenminister Össur Skarphéšinsson sprach von einem „dummen Beschluss“, der auch noch im Widerspruch zum EWR-Abkommen stehe: Island werde sich solchen Drohungen nicht beugen. Andere PolitikerInnen sprechen von Erpressung und imperialistischen Methoden: Die EU könne nicht ein ewiges Recht auf den Makrelenfang behaupten, gleich wohin sich die Schwärme bewegten.

REINHARD WOLFF