Simbabwe entrechtet seine Bürger weiter

Verfassungsänderung schafft für Opfer von Landenteignung den Rechtsweg ab. Regimegegner können Pass einbüßen

JOHANNESBURG taz ■ Das Parlament in Simbabwe hat gestern mit 103 von 150 Stimmen für eine Änderung der Verfassung gestimmt, die die Rechte des Staates gegenüber den Bürgern weiter ausbaut. In den verabschiedeten Zusatzparagrafen schafft die Regierung das Recht ab, gegen die gewaltsame Beschlagnahmung von Land Einspruch zu erheben. Dies richtet sich zunächst vor allem gegen die weißen Besitzer kommerzieller Farmen, die in den letzten fünf Jahren den Großteil ihres Landes verloren haben, tendenziell aber auch gegen jedes Opfer staatlicher Bodenenteignung.

In diesem direktem Angriff auf die Grundrechte hat Simbabwes Regierungspartei Zanu-Pf (Zimbabwe African National Union – Patriotic Front) die Landfrage und jegliche Lösung des Konflikts vom Tisch gefegt und geht sogar noch einen Schritt weiter: Wer sich allzu kritisch gegenüber dem Staat äußert, riskiert fortan den Einzug seines Passes. Darüber hinaus hat Mugabe mit der Verfassungsänderung das Zwei-Kammer-Parlament eingeführt, mit einem 65-Mitglieder-Senat neben dem existierenden Unterhaus.

Das bedeutet nichts anderes als die Möglichkeit, diejenigen unter seinen Befürwortern zu begünstigen, die bei den manipulierten Parlamentswahlen im März durchfielen. Bei dieser Wahl hatte Mugabes Partei eine Zweidrittelmehrheit des 150 Abgeordnete umfassenden Parlament gewonnen; die Oppositionspartei „Bewegung für demokratischen Wandel (MDC)“ hat nur 41 Sitze und der frühere Informationsminister Jonathan Moyo, einst Vorreiter zur Einführung drakonischer Gesetze in Simbabwe, nimmt einen unabhängigen Sitz im Parlament ein, weil er sich vor den Wahlen mit Mugabe zerstritten hatte.

Simbabwes Anwaltsvereinigung, die etwa 600 Anwälte repräsentiert, hat die Verfassungsänderungen strikt abgelehnt mit der Begründung, sie entzögen Simbabwern das Recht auf Landbesitz und Schutz per Gesetz. MDC-Sprecher David Coltart erklärte, mit diesem drastischen Schritt werde jeder Versuch, den Internationalen Währungsfonds von einer verbesserten Situation in Simbabwe zu überzeugen, zunichte gemacht.

Seit einer Woche befindet sich ein Team des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Simbabwe, um die desolate wirtschaftliche Lage – mit einer Inflationsrate von über 250 Prozent im Juli – zu untersuchen. Die Delegation will bis Ende dieser Woche im Land bleiben. Am 9. September wird der IWF zusammentreffen und über den Rausschmiss Simbabwes aus der Organisation entscheiden: Simbabwe hat dort 300 Millionen Dollar Schulden. Um wirtschaftlich zu überleben, hat Mugabe bei Südafrikas Regierung einen Kredit von etwa 470 Millionen US-Dollar erbeten, wovon ein Teil zur Tilgung der IWF-Schulden dienen soll.

MARTINA SCHWIKOWSKI