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: Der Weg zu den Drones

Catherine Christer Hennix gehört immer noch zu den besser gehüteten Geheimnissen der Neuen Musik. Seit einigen Jahren ändert sich das zwar, ihre Auftritte beim Festival MaerzMusik im vergangenen Jahr dürften unter anderem dazu beigetragen haben, doch für eine so eigenwillige Stimme der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts nimmt Hennix nach wie vor eine Randstellung ein.

Immerhin gelangt die Musik der in Berlin lebenden, 1948 in Schweden geborenen Komponistin und Mathematikerin mehr und mehr auch auf Tonträgern an die Öffentlichkeit. Mit „Selected Early Keyboard Works“ erscheint jetzt eine Schallplatte mit ihrer Musik aus den siebziger Jahren. Hier kann man Hennix’Frühphase ihrer elektronischen oder elektroakustischen Musik kennenlernen und ihrer Drone-Ästhetik mit nur wenigen gehaltenen oder introspektiv wiederholten Tönen beim Entstehen zuhören.

Die Aufnahmen stammen aus derselben Zeit wie Hennix’frühes Meisterwerk „The Electric Harpsichord“ von 1976 und sie bedienen sich fast alle der „reinen Stimmung“. Diese Form von Tonleitern nutzt streng ganzzahlige Harmonieverhältnisse nach antikem Vorbild der Pythagoräer, auf gewöhnlichen Instrumenten von heute ist so etwas längst nicht mehr üblich. Diese Stimmung erzeugt ihre ganz eigenen Schlieren, ein für ungeübte Ohren leicht verwunderliches Scheppern, das verstimmt klingt, obwohl es paradoxerweise akustisch „sauberer“ ist als die in der Gegenwartsmusik etablierten Frequenzen sonst.

Aus diesen Tönen macht Hennix ruhig fließende, scheinbar strukturlose Werke, die gleichwohl nach genauen Plänen konstruiert sind. Im Konzert dauern sie gern mal mehrere Stunden. Die vier Aufnahmen der Schallplatte, die während Konzertproben entstanden, dauern zwischen 13 und 25 Minuten. Besonders großartig ist das unscheinbar-majestätische „The Well-Tuned Marimba“, das im Titel auf den US-amerikanischen Kollegen La Monte Young anspielt, einen der Pioniere der Minimal Music und der reinen Stimmung im 20. Jahrhundert. Aber auch „Equal Temperament Fender Mix“, das kürzeste Stück und das einzige in „normaler“ Stimmung, wirkt mit seinen minimalistischen Delay-Patterns herrlich hypnotisch.

Tim Caspar Boehme

Catherine Christer Hennix: „Selected Early Keyboard Works“ (Empty Editions/Blank Forms)