Auf der Suche nach der Zukunft

Seit fünf Jahren tourt das Jobmobil durch Tempelhof-Schöneberg. Es hilft Jugendlichen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Vor allem für Hauptschüler sind die Chancen schlechter geworden

VON TANIA GREINER

Das Jugendcafé am Dorfteich ist ein Jugendclub wie viele: Computer stehen rum zum spielen und im Internet surfen, Jugendliche aus Lichtenrade treffen sich hier. René zum Beispiel. Fast jeden Tag kommt er in das Haus, das in einer ruhigen Straße liegt und von Einfamilienhäusern umgeben ist. Seit vier Jahren. Über Probleme reden ist nicht Renés Sache, das sagt er selbst.

René ist 20, ohne Ausbildung und ohne Job. Er hat viel versucht. Einzelhandelskaufmann wollte er werden. Mit dem erweiterten Hauptschulabschluss ist das keine leichte Aufgabe. Da war es gut, dass das Jobmobil jeden Donnerstagnachmittag vor dem Jugendcafé Halt machte.

„Die haben mir voll geholfen“, sagt René. Die, das sind Annette Engler und Uwe Strothmann. Mit einem umgebauten Wohnbus touren die Sozialarbeiter seit fünf Jahren durch Tempelhof-Schöneberg und besuchen die Jugendclubs. Sie helfen „schwer erreichbaren“ Jugendlichen, einen Ausbildungsplatz zu finden.

„Annette hat mit mir online Stellenanzeigen gesucht, wir haben zusammen die Bewerbungen geschrieben“, erzählt René und schaut etwas verlegen. „Das habe ich mir drei Monate lang gegeben.“ Rund 50 Bewerbungen, keine Zusage. Der Grund ist ihm klar: Seine Fünf in Mathe lässt sich nicht wegreden. Dann entschloss er sich zu einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Dort hielt es ihn nur kurz, er zog die Bundeswehr vor. Jetzt kommt René wieder täglich ins Jugendcafé. Wieder braucht er Hilfe vom Jobmobil.

„Für Hauptschüler haben sich die Chancen, eine Lehrstelle zu bekommen, deutlich verschlechtert“, weiß Uwe Strothmann aus Erfahrung. In den Anzeigen werde fast immer das Abitur vorausgesetzt. Für die Ausbildungen zum Bäcker, Frisör oder Fachverkäufer sei mittlerweile der Realschulabschluss erforderlich. Ein Grund für seine Klientel, zu jammern. Die meisten haben genug zu tun, den Hauptschulabschluss zu schaffen. „Viele wissen gar nicht, was sie machen wollen.“

Dafür will Strothmann aber nicht allein seine Schützlinge verantwortlich machen. Die Betriebspraktika während der Schulzeit hätten meist eine abschreckende Wirkung. „Die Jugendlichen werden oft willkürlich zugeteilt, bekommen keinen richtigen Einblick und werden für Hilfsarbeiten eingesetzt, die ihnen niemand erklärt.“ So vergehe die Lust auf die Arbeitswelt.

Früher oder später kämen sie dann mit der Berufsberatung der Agentur für Arbeit in Berührung. „Viele verstehen dann gar nichts von dem, was ihnen dort gesagt wird.“ Als eine Brücke zur Arbeitsagentur sehe sich deshalb das Jobmobil. „Wir sind oft so was wie Dolmetscher“, sagt der Sozialarbeiter lachend und betont, dass das keine Kritik an den dortigen Berufsberatern sei. „Die haben einfach nicht die Zeit, sich so individuell zu kümmern.“

Zu seinem Job gehört auch, die jungen Leute permanent anzutreiben. „Man braucht teilweise ewig, bis man sie so weit hat, eine Bewerbung zu schreiben.“ Sei die erst mal verschickt, läge die Erfolgsquote relativ hoch. Dennoch weiß er, dass auch dieses Jahr rund ein Drittel seiner Hilfesuchenden ohne Lehrstelle sein wird. Die Gründe sind unterschiedlich. Der eine kümmert sich nicht und hängt im Jugendclub rum. Der andere bemüht sich unermüdlich, hält aber krampfhaft am Traumjob fest.

Bei Martin ist es anders. „Heutzutage muss man doch flexibel sein“, sagt er mit einem etwas gezwungenen Lächeln. Eigentlich wolle er Bauzeichner werden. Doch: „Ich hab mich für alles Mögliche beworben.“ Mechanisch zählt der 18-Jährige auf: Kommunikationselektroniker, Tischler, Maler, Industriemechaniker, Metalltechniker. Bislang nur Absagen. Strothmann weiß, dass auch Martin eine berufsvorbereitende Maßnahme blüht. Doch Martin hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben.